Kapitel 02: Pinks Kräfte
Green unterdrückte einen Schrei, als sie die Stufen hinunter in den U-Bahn Schacht gelaufen war. Von "unterdrücken" kann eigentlich nicht die Rede sein, da sie versuchte zu schreien, aber aus ihrem Mund kam kein Laut hervor, obwohl er von Schrecken gezeichnet weit offen stand. Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass sie keinen Grund hatte zu schreien, denn das was sie vor sich sah, konnte unmöglich wahr sein. Träumte sie abermals einen Traum der so real war, wie der Letzte? Oder war dieses Wesen, welches vor ihr stand und aus einem Alptraum zu stammen schien, wirklich echt? Was auch immer es war, ob real oder nicht, es hatte einen dünnen, eher mageren, schwarzen Körper, der jedoch in die Höhe schoss und nur knapp in den Schacht passte. Die Augen des Wesens waren leuchtend orange und waren von der Größe und Form eher mit den Scheinwerfen eines Autos zu vergleichen. Dafür aber hatte es keinen Mund, aber auf seinem Rücken waren mehrere Stachel zu sehen.
Green wusste nicht was sie tun sollte. Doch kaum waren die Augen des Monsters direkt auf sie gerichtet, wusste sie, dass sie nur eins wollte: Weg! Egal ob es Traum oder Realität war, sie wollte weg!
Aus reiner Panik drehte Green auf der Stelle um, ohne auf Pink zu achten. Zwei Stufen gelangen ihr, ehe ihre Flucht sich bereits als erfolglos erwies. Ein bohrender Schmerz entbrannte in ihrem rechten Schulterflügel und breitete sich in ihrem gesamten Körper aus. Sie spürte ihr eigenes warmes Blut auf ihrer Haut und sah wie es an die Wand spritzte, ehe sich bereits dunkle Flecken vor ihrem Blickfeld ausbreiteten und die Dunkelheit sie zu verschlucken drohte.
Green verlor die Balance, kippte nach hinten, dem Ende der Treppenstufen entgegen. Doch ehe sie mit dem Kopf aufschlagen konnte, gelang es ihrem Bewusstsein wieder an die Oberfläche zu gelangen und sie bekam halt am metallenen Treppengeländer. Es blieb ihr jedoch keine Zeit sich über dem Entfliehen eines Wirbelbruchs zu freuen, denn das Monster griff abermals an und diesmal erkannte sein wohlausgesuchtes Opfer, was die Waffe war, die ihre Brust durchbohrt hatte. Es waren die viel zu langen Klauen des Monsters.
Ihr Überlebenssinn und ihre Kenntnisse in Sport und Rhythmischer Gymnastik trieben Green dazu an, seinem nächsten Angriff auszuweichen: Sie festigte ihren Halt um das Treppengeländer mit beiden Händen und schwang ihren zierlichen Körper über die Metallstangen, wie sie es auch schon oft im Unterricht gemacht hatte. Allerdings hatte sie solch einen Überschlag noch nie in einem U-Bahn Schacht auf einer Treppe gemacht und da dieser nicht ausreichend Platz bot, knallte Green bei der Landung an die Wand aus Beton.
"Green!", hörte sie Pinks Stimme von fern hören und wunderte sich darüber, dass ihr von Schmerz gezeichneter Körper überhaupt noch etwas wahr nehmen konnte.
"Also dein Ausweichmanöver war ja cool! Aber ich denke das Landen solltest du noch üben..." Wie konnte dieses verdammte Mädchen in diesem Moment so ausgelassen sein!? Sie waren so gut wie tot! Dieses, was auch immer es war, würde sie in der Luft zerreißen. Pink würde die Flucht vielleicht noch gelingen, aber Green konnte sich nicht mehr bewegen... und sowieso hatte sie ein klaffendes Loch im Körper.
... Sie würde sterben. So oder so.
"Mach die Augen auf! Guck mir zu!" Aber sie war doch noch nie verliebt gewesen! Sie war doch noch so jung! Sie wollte nicht sterben, nicht hier, nicht wegen so einem Mistviech!
"Green-chan! Du und ich, wir sind keine Menschen! Wie sind Wächter! Wir sind dafür geboren worden, Dämonen zu bekämpfen!"
... Bitte?
"Du kannst gegen den Dämon kämpfen! Nim das Glöckchen und kämpfe!"
Das Glöckchen nehmen? Was sollte sie denn damit?
"Green-chan! Kämpfe! Denn du bist nicht so schwach wie die Menschen! Du bist nicht schwach!"
Was? Schwach? Green und schwach? Sie war nie schwach gewesen! Sie hatte immer auf eigenen Beinen gestanden, sie war unabhängig von anderen und ließ sich von deren Meinung und Haltung nicht beeinflussen. Green ging den Weg der ihrer Meinung nach der Richtige war, egal was andere dazu sagten. Aber mit einer solch großen Verletzung war das nicht möglich, das hatte nichts mit Schwäche zu tun, sondern einfach damit, dass ein Mensch nicht zu solch einem Wunder fähig war.
"Green-chan, du musst kämpfen! Als Wächter!"
... Aber Wächter vielleicht.
Greens Sinne nahmen ihre Arbeit wieder vollständig auf, als sie spürte wie eine Flüssigkeit in ihr Gesicht spritzte. Langsam öffnete sie die Augen, im gleichen Moment wie sie den Geschmack von Blut in ihrem Mund schmeckte. Zuerst war ihr Sichtfeld mit schwarzen Punkten gesprenkelt, klärte sich jedoch langsam auf.
Pink stand einen halben Meter vor ihr. Zwischen ihr und dem Dämon, der für Greens Geschmack eindeutig zu nah war, hatte sich eine pinke durscheinende Mauer gebildet, welche scheinbar Ursprung in Pinks Handflächen hatte, die sie ausgestreckt vor sich hielt. Doch kaum lagen Greens Augen eine Sekunde auf diesem Bild, zerbröckelte die pinke Substanz wie Glassplitter. In diesem Moment sah Green erst, dass etwas Pinks Schulter getroffen hatte und sie realisierte, dass es ihr Blut war, welches Green ins Gesicht gespritzt war.
...Pink hatte ihr das Leben gerettet, obwohl sie sich nicht kannten?
"Green-chan... benutz das Glöckchen", sagte das kleine Mädchen ehe sie wie ein Stein zu Boden fiel und regungslos liegen blieb.
Green biss sich auf die Unterlippe und starrte ihren Körper an, aus dem das Blut floss und sich auf dem grauen Boden verteilte. Erst als sie bemerkte, dass das Monster nun seine riesengroßen Augen auf sie gerichtet hatte, wandte sie ihren Blick von Pink ab.
Was sollte sie tun? Das Glöckchen benutzen? Ja, aber, wie?!
Dem hoffnungslosem Mädchen blieb gar nicht anderes übrig, als Pink zu vertrauen. Oder anders gesagt: Wenn sie sterben würde dann konnte sie genauso gut alles ausprobieren, um diesem Schicksal zu entgehen.
Aus lauter Panik heraus, zerriss Green den Verschluss der billigen silbernen Halskette, an dem das Glöckchen hing und tat das Gleiche was Pink zuvor gemacht hatte: sie hielt das Glöckchen in der einen Hand vor sich ausgestreckt, dem Dämon entgegen.
Dieses verfluchte Ding hatte ihr gefälligst zu helfen, Green wollte nicht sterben.
Kaum, dass dieser Gedanke ihr durch den Kopf geschossen war, spürte sie, dass sich tatsächlich etwas an dem Glöckchen veränderte; die Form.
Das Glöckchen war nicht länger ein Schmuckstück, sondern ein verzierter Stab, mit einem Glöckchen in einen Kreis, der an der Spitze des Stabs befestigt war.
Green wusste nicht woher sie das Wissen plötzlich hatte, aber plötzlich war ihr bewusst, dass der Stab ihr als Waffe dienlich war. Ihre Panik war auf einmal wie weggeblasen, es war als würde sie genau wissen, was sie zu tun hatte. Selbst als die Attacke des Dämons auf sie zu schoss blieb sie ruhig. Sie hielt den Stab der schwarzen Energie entgegen, die der Dämon abgefeuert hatte und war nicht einmal erstaunt, als die schwarze Energie von der Spitze des Stabes absorbiert war. Die eine Seite ihrer neugewonnen Waffe färbte sich schwarz und noch während es sich aufzufüllen schien, erhob Green den Stab um dann mit Schwung wieder unterzugehen. Als der Stab genau auf der Höhe des Dämons war, rief Green:
"Darklightning!" Die gleiche Energie die Green nur kurz zuvor aufgefangen hatte, entlud sich nun aus der Spitze des Stabes, nur mit dem Unterschied, dass dieser ein weiß leuchtendes Centrum besaß. Die Energie traf das Monster und kaum hatte es das Ziel getroffen, löste dieses sich schneller in einzelne Partikel auf, als Green gucken konnte. Nichts blieb von diesem Albtraum übrig.
Mit der Waffe noch in der Hand starrte Green auf dem Punkt, wo eben noch ihr Gegner gestanden hatte. Erst langsam kletterte die Ohnmacht ein weiteres Mal in ihr empor und ehe die Schmerzen sie wieder einholen, fiel sie neben Pink zu Boden...
Von weit her ertönten Schritte. Sanfte Schritte, als würde Derjenige kaum den Boden berühren. Green wollte die Augen öffnen, sie wollte diese Person mit eigenen Augen sehen, doch das Unterfangen war unmöglich. Jeder einzelende Punkt in ihrem Körper schmerzte fürchterlich und es wunderte sie, dass sie überhaupt noch bei Bewusstsein war. Warum war sie nicht schon tot?
"Mein Mädchen... wie tapfer du dich geschlagen hast." Green erkannte die Stimme wieder: es war die gleiche vertrauensvolle und zugleich bekannte Stimme, welche sie auch schon in ihrem Traum gehört hatte und welche sie vor dem Glöckchen gewarnt hatte. Wer war sie? Sie musste jetzt neben ihr sitzen, oder knien, denn Green vernahm wie sie ihre Haare aus dem Gesicht streichelte.
Und noch etwas anderes spürte sie: Ihre Schmerzen ließen nach, es war als würden sie sich in Luft auflösen. Nein, das war so nicht richtig. Denn sie lösten sich nicht in "Luft" auf, sondern hinterließen Wärme... und Geborgenheit.
Die warme Hand, die ihr Gesicht berührt hatte, löste sich wieder von ihr und Green verspürte den Drang nach ihr zu schreien, sie möge noch nicht gehen. Doch sie entfernte sich... Die Schritte verklangen im Schacht und als Green die Augen öffnen konnte, gelang es ihr nur einen kurzen Blick auf den Rücken der Person zu erhaschen.
Ihre Erscheinung war von reinem Weiß; ihre langen Haare waren weiß und das weite Kleid, welches sie trug, war von der gleichen Farbe.
"Ein... Engel?"
"In Lights Namen! White! Was fällt dir eigentlich ein!?" Ihr Vater war ein weiteres Mal kurz davor vor Wut überzukochen. Gründe hatte er immerhin genug. Nur gut für White, dass sie momentan nicht anwesend war. Stattdessen mussten nun andere Wesen unter seinem Temperament leiden, welche vom Aussehen her ihm recht ähnlich sahen. Alle drei waren ein weißes Erscheinungsbild.
"Yogosu hat einen recht interessanten Kampfstil! Very great!"
"Kampfstil nennst du das? Ich nenne das...", antwortete ein Anderer, doch wurde unterbrochen:
"Unwichtig! Viel bedeutender ist, dass sich in ihrem Angriff nur knapp 10% Magie befindet, die dem Licht zugeordnet werden kann!", entfuhr es der Person unter ihnen, die am sauersten war unter den Dreien, der auch sofort die Leitung des Gespräches an sich zog.
"Sie sollte eine Vertreterin des Lichtes sein, aber so wie ich das sehe, bestätigen sich unsere Befürchtungen!"
"Ich bringe sie gerne um!", erwiderte der Größte von ihnen mit einem Grinsen und die Hand auf einem Schwert ruhend. Der Weißhaarige der neben ihm stand, verdrehte genervt die Augen und der Letzte im Bunde antwortete:
"Du hast vor 16 Jahren bereits versagt, Seigi." Der Angesprochene kam nicht zum antworten, denn der Andere antwortete im ruhigen Tonfall:
"Wir sollten daran denken, dass die Hälfte des Rates auf White-sans Seite steht. Ein solcher Schritt wäre fatal für das Gleichgewicht in unseren Reihen." Whites Vater seufzte verärgert.
"Hast du mit Adir gesprochen?"
"Er weigert sich nach wie vor am Rat teilzunehmen." Das war zu viel. Mit der zusammen geballten Faust schlug der Angesprochene auf den Tisch. Sein Gesprächspartner zuckte zusammen, während der Schwertträger Seigi weiterhin vor sich hin grinste.
"Nach diesen Zahlen...", er zeigte auf einen Bildschirm.
"Weigert er sich nach wie vor?! Yogosu könnte zu einer enormen Gefahr werden. Wenn wir diese Gefahr nicht so schnell wie möglich auslöschen, sehe ich für die Zukunft des Wächtertums schwarz, meine Herren! Es muss etwas unternommen werden. So schnell wie möglich!" Er sah die beiden Männer ernst und resolut an.
"Ruft die Ratsmitglieder zusammen. Wir rufen den Rat zusammen, mit oder ohne Adir! Und sorgt dafür, dass meine Tochter anwesend ist!"
Es war ein klarer Morgen, keine Regenwolken waren über Tokio zu sehen und für die, die den Sonnenschein liebten, würde es ein angenehmer Tag werden. Ein Großteil der Menschen war schon im morgendlichen Stress unterwegs auf den Straßen, welche bereits überfüllt war. Nur ein Paar schliefen noch. Darunter auch Green, die noch seelenruhig in ihrem Bett und schlief... bis ein schepperndes Geräusch Green aus ihrem Schlaf aufschreckte und sie mit ein Mal Kerzengerade im Bett stehen lies.
"Was zur Hölle..." Green schaute sich noch etwas verschlafen um und wischte sich den Schlaf aus den Augen. Erst als diese wieder geputzt und gereinigt waren, sah das Mädchen wie spät es war und die Uhrzeit sagte Green, dass sie langsam los musste. Ohne vorhandender Lust öffnete sie ihren Kleiderschrank, zerrte ihre Schuluniform von der Stange und zog sich um. Mit der Bürste in der Hand ging sie aus ihrem Zimmer. Kaum stand sie in der Stube, die zur Küche angrenzte, wusste sie auch was das weckende Geräusch verursacht hatte; Pink stand inmitten von Scherben.
"Guten Morgen, Green-chan!", sagte sie putzmunter, als würde sie die Scherben nicht bemerken.
"Morgen. Was hast du da gemacht? Weißt du eigentlich wie teuer so was ist?", antwortete Green ruppig. Pink setzte ihre Unschuldsmiene auf, die bei ihrer Gesprächspartnerin garantiert nicht wirkte.
"Ich wollte mir nur was zu essen machen... aber ich bin das nicht gewöhnt auf diese Weise essen zu machen!" Green seufzte daraufhin und war kurz davor ihren Taschenrechner zu zücken um den finanziellen Schaden auszurechnen. Doch sie unterdrückte diesen Drang.
"Ich werde nachher einen neuen Teller kaufen und du wirst mir das Geld zurückbezahlen! Jeden einzelnen Yen!" Pink schaute sie verwirrt an.
"Ich hab doch gar kein Geld." Green schüttelte müde den Kopf und beschloss, dass es erstens zu früh war, und zweitens, dass es so oder so nicht viel brachte mit Pink zu reden.
"Ach egal, ich hab's eilig. Wir regeln das später!"
Kaum stand Green draußen im Treppenhaus brachen langsam die Bilder der gestrigen Nacht über ihr Bewusstsein herein. Dieses monströse Wesen, das ganze Blut, Pink am Boden, die Schmerzen, diese Frau... und das was sie selbst getan hatte. War das nur ein Traum gewesen? Wie anders war es zu erklären, dass sie nach so einem Erlebnis einfach in ihrem Bett aufgewacht war, wie am jedem anderen Morgen auch? Der Tag begann wie immer... und auch ihre Schuluniform, die sie bei diesem Kampf angehabt hatte, hätte zerrissen sein müssen, doch sie war wie neu.
Green starrte ihre Hände an, wo kein einziger Kratzer zu sehen war. Das war einfach unmöglich um wahr zu sein... aber es gab eine Möglichkeit es herauszufinden: das Glöckchen. Auch dieses hing wieder an einer silbernen Kette, die eigentlich ebenfalls kaputt sein müsste und diese Gewissheit beruhigte Green um einiges. Sie weigerte sich es zu glauben.
Doch schnell wurde ihr bewusst, dass sie sich irrte.
Denn das Glöckchen veränderte wieder seine Form und in Greens Händen lag die Waffe, die in der gestrigen Nacht den Dämon getötet hatte.
"...Du und ich, wir sind keine Menschen! Wie sind Wächter!"
Green schluckte nur.
Im Laufe des Tages vergrub Green sich immer mehr in ihrer Gedankenwelt. Es war für andere beinahe unmöglich sie zu erreichen und erst beim zweiten oder dritten Versuch war es für Sho möglich ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Natürlich fiel ihr der Zustand ihrer besten Freundin auf, doch Green antwortete nicht auf ihre Fragen, was denn los war. Wie sollte sie auch? Wie sollte sie jemanden etwas davon erzählen? Niemand würde ihr glauben, sie wollte es ja selbst nicht glauben. Immer wieder spielte das Geschehen sich vor ihrem geistigen Auge ab und die Worte Pinks wiederholten sich, als wären sie auf Endlosschleife gestellt.
Um sich abzulenken trainierte Green freiwillig weiter nach dem eigentlichen Training für die Rhythmische Gymnastik noch weiter in der leeren Turnhalle. Eigentlich sollten sich ihre Gedanken mehr um ihre Bewegungen oder die Mathe Prüfung kreisen, die sie Heute zurückbekommen hatte, doch das Training regten ihre Gedankenkreise um die merkwürdigen Ereignisse nur noch weiter an. Green fragte sich, um die neugewonnene Leichtfertigkeit ebenfalls die Schuld des Glöckchens war und ob die Schwingen, die sie sich immer gewünscht hatten, nur daher rührten...
Was war das Glöckchen überhaupt? Was war das Licht gewesen, welches erstrahlt war und sich um sie gelegt hatte, als sie das kleine Ding berührt hatte? Zu viele Fragen und niemand der ihr eine Antwort geben konnte, denn Green zweifelte daran, dass Pink ihr die Erklärung geben konnte, die sie haben wollte... diese engelshafte Frau konnte ihr garantiert die Antworten geben, die sie ersehnte... aber wie sollte Green sie finden?
Green war so sehr in ihren Gedanken vertieft, dass sie nicht bemerkte, dass sie sich mit ihrem Turnband selbst eine Falle stellte und schon fiel sie zu Boden, wo sie regungslos liegen blieb; Nicht, weil der Sturz enorm geschmerzt hatte, sondern weil ihr die Lust fehlte aufzustehen. Ihr beschleunigter Atem war das einzige, was in der Turnhallte zu hören war, ansonsten war es vollkommen still. Green lag einfach da, im Sonnenlicht, welches durch das große offene Fenster unter dem Dach herein strahlte. Irgendwie tat es gut... ihr war nie aufgefallen, dass das Sonnenlicht sich so schön anfühlen konnte. Es war so schön warm... fast wie die Wärme der Frau. Doch nicht nur das; das Licht schien ihre Ressourcen wieder aufzuladen. Green fühlte sich plötzlich so wohl, dass sie gar keine Lust hatte wieder aufzustehen. Daher wahrte dieser Akt auch einige Minuten, ehe sie sich aufrichtete. Sie war auch nicht aufgestanden, sondern hockte weiterhin auf den Boden, den Kopf Richtung strahlender Sonne erhoben, wo sie langsam die Augen öffnete und in die Sonne sah.
Erst nach verstrichenen Sekunden, in denen sie direkt in die Mitte der Sonne sah, dämmerte es Green und ihre Augen weiteten sich überrascht.
"Sag mir, kannst du in die Sonne sehen?!"
Sie konnte in die Sonne sehen. Aber ein normaler Mensch konnte nicht ohne Sonnenbrille in die Sonne sehen ohne geblendet zu werden. Woher hatte Gary das gewusst? Warum hatte er sie das gefragt? Oder sollte das Zufall sein? Aber niemand stellte so eine Frage. Kein Mensch würde auf so eine Idee kommen! Was hatte das zu bedeuten? War er vielleicht doch nicht so unscheinbar, wie sie annahm?
Zu viele Fragen... und immer noch niemand in Sicht, der ihr Antworten liefern konnte.
Auf dem Nachhauseweg hatten sich die Gedanken nun um Gary fixiert und die anderen Fragen hatten sich in den Hintergrund geschoben. Sie war sogar so weit gegangen und hatte nach ihm in der Schule gesucht, oder eher in der Bibliothek. Green war fest davon entschlossen von ihm Rede und Antwort zu stehlen. Doch er war nirgends zu finden. Auf der einen Seite natürlich ärgerlich, aber auf der anderen wusste Green auch überhaupt nicht, wie sie anfangen sollte. Sollte sie einfach auf ihn zugehen und fragen was seine Frage zu bedeuten hatte? Sie kannte ihn nicht gut genug um zu beurteilen, ob es etwas bringen würde... sie hatte sich nie mit ihm auseinandergesetzt, oder sich die Mühe gemacht ihn zu verstehen. Green wusste nicht einmal wo er wohnte, ansonsten hätte sie Gary dort aufsuchen können. Wenn er allerdings genau wie sie kein Mensch war... konnte er ihr garantiert mehr Antworten geben als Pink. Green glaubte, dass selbst, wenn Pink etwas wüsste, würde es ihr nichts nützen. Pink war nicht gerade die Hellste, das wusste sie schon nach den drei Tagen.
Also war Gary eine gute Anlaufstelle, auch wenn ihr der Gedanke nicht behagte, dass sie ausgerechnet seine Hilfe im Anspruch nehmen musste. Immerhin baute deren Beziehung nicht gerade auf Sympathie auf. Schon gar nicht, nach der gestrigen Feindlichkeit von seiner Seite aus! Nein, Green konnte ihn wirklich nicht leiden. Aber um ihren Fragedurst gestillt zu bekommen, würde sie selbst dies tun.
Greens Gedankengänge wurden auf halbem Weg unterbrochen und der Ursprung war alles andere als schön, denn es war das Strahlen des Glöckchens. Dies bedeutete wohl das gleiche wie schon am gestrigen Tag: ein Dämon war in der Nähe.
Schluckend sah Green sich um, fast schon hilfesuchend. Die Menschen um sie herum bemerkten das Leuchten nicht und Pink war nirgends zu sehen, genauso wenig wie ein Dämon. Was sollte sie jetzt tun? Zuerst Nachhause gehen und Pink holen, oder versuchen sie zu kontaktieren? Vielleicht war es dann schon zu spät und es gab bereits Tote? Aber ging es sie überhaupt etwas an? Wenn Green ehrlich zu sich selbst sein sollte, musste sie sich eingestehen, dass sie am liebsten das Leuchten ihres Glöckchens ignorieren würde. Der Dämon konnte ihr doch egal sein und sowieso, war Green nie eine hilfsbereite oder soziale Person gewesen, eher das Gegenteil, sie war ein Egoist. Warum sollte sie ihr Leben für andere aufs Spiel setzten? Tat jemand es für sie? Nein, niemand interessierte sich für sie. Die Welt war grausam und hart...
Das Leuchten wurde stärker, zusammen mit dem Schrei des Glöckchens und im selben Moment mischte sich noch ein anderer Schrei mit rein. Green wirbelte herum und sah die Ursache für den Schrei, keine fünfzig Meter von ihr entfernt war der Ursprung für den Schrei des Glöckchens aufgetaucht und türmte sich nun über eine Frau. Das Ungetüm sah anders aus als der Letzte, es war von der Statur her kräftiger, dafür aber ein wenig kleiner - auch wenn man bei drei Metern nicht gerade von winzig sprechen konnte. Was es ebenfalls von dem Letzten unterschied, war die Tatsache, dass es einen Mund besaß, welches es scheinbar sogar zum sprechen gebrauchen konnte. Denn als er Green erblickte zischte es:
"Wo ist die kleine Göre?!" Das war zu viel für die Frau, sie fiel in Ohnmacht und ließ Green, zusammen mit dem Dämon alleine auf der kleinen Straße zurück. Kurz fragte sich die Übriggebliebene wie groß ihre Chancen waren, einfach abzuhauen. Doch dann würde dieses Viech wahrscheinlich noch die Frau fressen, oder sonst was, und Green war sich nicht sicher, ob sie diese Verantwortung tragen konnte. Also blieb ihr nichts anderen übrig als dem Dämon den Kampf anzusagen.
Schnell löste Green das Glöckchen von ihrer Kette und kaum hatte sie das kleine Ding in der Hand, verwandelte es sich in ihre Waffe. Um vom letzten Mal zu urteilen, musste Green auf einen Angriff warten, den sie absorbieren konnte und dies ermöglichte ihr erst eine Chance auf einen Sieg.
"Wo ist die kleine Göre?!", kam es wiederholt von dem Dämon und Green fragte sich, ob dieser Satz der Einzige war, was es sagen konnte. Wem suchte es?
Der Dämon schien nicht im Sinne zu haben, irgendetwas mit Green anfangen zu wollen. Regungslos verharrte es fünfzig Meter von ihr entfernt. Also blieb der frisch gebackenen Wächterin nichts anderes übrig als sich ihm zu nähern, wenn er zu faul war sich zu bewegen. Innerlich fluchte sie, als sie zum Spurt ansetzte, doch, tatsächlich, ihre Taktik brachte etwas. Kaum hatte sie sich bewegt, griff es, wie erhofft an. Genau wie beim letzten Kampf hielt Green den Stab vor sich ausgestreckt und dieser nahm die schwarze Energie, Magie oder was auch immer es war, auf und färbte sich zur Hälfte schwarz. Doch gerade als Green angreifen wollte, kam der Dämon ihr zuvor. Mit einer ungeheuren Schnelligkeit schoss dessen Klauen auf das Mädchen zu und sie konnte dem nur entgegen, in dem sie sich auf den Boden fallen ließ. Ihr blieb keine Zeit sich auszuruhen, denn es setzte sofort nach und dessen Faust sauste auf sie nieder, als würde es eine Ameise zerquetschen wollen. Green gelang es nicht auszuweichen, dafür dauerte es zu lange aufzustehen. Sie kniff die Augen zusammen und machte sich auf Schmerzen bereit... was umsonst war.
"Green-chan!" Green war noch nie so erleichtert gewesen Pinks quietschende Stimme zu hören und endlich traute sie sich die Augen zu öffnen. Über ihr sah sie das gleiche Phänomen, welches ihr bereits einmal das Leben gerettet hatte: eine pinkfarbene Glasscheibe.
Green nutzte die Zeit, in dem der Dämon von der Neudazugekommenen Notiz nahm und floh aus seinem Angriffszirkel zu Pink. Erst da fiel ihr auf, dass der Dämon ungewöhnlich lange Pink anstarrte.
"Die kleine Göre!" Zuerst dachte Green nur, dass es doch ein Wunder war, dass es auch noch etwas anderes sagen konnte, doch dann dämmerte es ihr und sie wirbelte zu Pink herum. Der Blick ihrer kleinen Freundin war auf einmal unheimlich angsterfüllt geworden und wenn Green es richtig sah, zitterte sie.
"Pink, was ist los?" Kaum kamen diese Wörter über Greens Lippen, versteckte Pink sich schon hinter ihrem Rücken.
"Sie kommen um mich zu holen!" Es war wahrlich nicht zu übersehen, dass der Dämon es auf Pink abgesehen hatte. Denn als es plötzlich auf sie zu raste und die beiden Mädchen gezwungenermaßen auseinander springen mussten, richtete es seine Aufmerksamkeit voll und ganz Pink. Green war uninteressant geworden. Es griff nach Pink, die jedoch wieder ihre Kräfte einsetzte um eine Barriere zwischen ihren Angreifer und sich selbst zu errichten, damit entging sie einem Treffer. Pink war klein und flink und war damit im Vorteil gegenüber dem großen Klotz. Ihre Fähigkeiten schützten sie vor direkten Treffern, doch sie holte nicht zum Gegenangriff aus - warum nicht?
"Pink! Greif doch an! Du hast doch genug Chancen!" Pink wich einer weiteren Attacke ihres Verfolgers aus und hatte damit noch keine Zeit zum antworten. Erst nach mehreren Manövern, antwortete sie:
"Kann ich nicht! Ich kann nur Schutzmagie!" Green schallte sich in Gedanken eine Närrin; das hätte ihr auch schon früher klar werden können.
"Hej, du dummes Mistviech! Vergreif dich lieber an Jemanden der fast genauso groß ist wie du!" Ihr Versuch die Aufmerksamkeit des Dämons zu erlangen, war vergebens; es hatte nur Augen für Pink. Aber das konnte man ja auch ausnutzen.
Green rannte hinter es, die Treppenstufen einer Treppe empor, damit sie in etwa auf gleicher Höhe wie dessen Kopf war. Dort schwang nahm sie Anlauf, sprang von der obersten Stufe und noch während sie in der Luft war, schwang sie den Stab hoch über ihren Kopf und schrie:
"Darklightning!" Genau in dem Moment wo sich die schwarze Energie aus ihrem Stab entlud schlug Greens Stab zwar nicht auf seinem Kopf ein wie geplant, sondern auf dessen Schulter. Zwar hatte sie ihr Ziel nicht getroffen, doch das Ergebnis war das gleiche.
Der Dämon war eliminiert.
... und Green landete unsanft auf dem gepflasterten Boden. Noch während sie stöhnend feststellte, dass dies nicht gerade die schönste Kür gewesen war, rannte Pink zu ihr und ehe Green sich versah, warf sie sich um Greens Hals und schloss sie in eine liebevolle Umarmung.
"Danke, Green-chan! Ich hab dich ja so lieb!" Die Angesprochene wusste gar nicht, was sie darauf antworten sollte. Daher schwieg sie erst einmal, bis Pink sie von alleine wieder los ließ und sich grinsend vor sie setzte. Green jedoch wurde ernst:
"Pink, ich denke, du bist mir eine Erklärung schuldig."
Pinks Lächeln schwand.
Green wusste nicht was sie tun sollte. Doch kaum waren die Augen des Monsters direkt auf sie gerichtet, wusste sie, dass sie nur eins wollte: Weg! Egal ob es Traum oder Realität war, sie wollte weg!
Aus reiner Panik drehte Green auf der Stelle um, ohne auf Pink zu achten. Zwei Stufen gelangen ihr, ehe ihre Flucht sich bereits als erfolglos erwies. Ein bohrender Schmerz entbrannte in ihrem rechten Schulterflügel und breitete sich in ihrem gesamten Körper aus. Sie spürte ihr eigenes warmes Blut auf ihrer Haut und sah wie es an die Wand spritzte, ehe sich bereits dunkle Flecken vor ihrem Blickfeld ausbreiteten und die Dunkelheit sie zu verschlucken drohte.
Green verlor die Balance, kippte nach hinten, dem Ende der Treppenstufen entgegen. Doch ehe sie mit dem Kopf aufschlagen konnte, gelang es ihrem Bewusstsein wieder an die Oberfläche zu gelangen und sie bekam halt am metallenen Treppengeländer. Es blieb ihr jedoch keine Zeit sich über dem Entfliehen eines Wirbelbruchs zu freuen, denn das Monster griff abermals an und diesmal erkannte sein wohlausgesuchtes Opfer, was die Waffe war, die ihre Brust durchbohrt hatte. Es waren die viel zu langen Klauen des Monsters.
Ihr Überlebenssinn und ihre Kenntnisse in Sport und Rhythmischer Gymnastik trieben Green dazu an, seinem nächsten Angriff auszuweichen: Sie festigte ihren Halt um das Treppengeländer mit beiden Händen und schwang ihren zierlichen Körper über die Metallstangen, wie sie es auch schon oft im Unterricht gemacht hatte. Allerdings hatte sie solch einen Überschlag noch nie in einem U-Bahn Schacht auf einer Treppe gemacht und da dieser nicht ausreichend Platz bot, knallte Green bei der Landung an die Wand aus Beton.
"Green!", hörte sie Pinks Stimme von fern hören und wunderte sich darüber, dass ihr von Schmerz gezeichneter Körper überhaupt noch etwas wahr nehmen konnte.
"Also dein Ausweichmanöver war ja cool! Aber ich denke das Landen solltest du noch üben..." Wie konnte dieses verdammte Mädchen in diesem Moment so ausgelassen sein!? Sie waren so gut wie tot! Dieses, was auch immer es war, würde sie in der Luft zerreißen. Pink würde die Flucht vielleicht noch gelingen, aber Green konnte sich nicht mehr bewegen... und sowieso hatte sie ein klaffendes Loch im Körper.
... Sie würde sterben. So oder so.
"Mach die Augen auf! Guck mir zu!" Aber sie war doch noch nie verliebt gewesen! Sie war doch noch so jung! Sie wollte nicht sterben, nicht hier, nicht wegen so einem Mistviech!
"Green-chan! Du und ich, wir sind keine Menschen! Wie sind Wächter! Wir sind dafür geboren worden, Dämonen zu bekämpfen!"
... Bitte?
"Du kannst gegen den Dämon kämpfen! Nim das Glöckchen und kämpfe!"
Das Glöckchen nehmen? Was sollte sie denn damit?
"Green-chan! Kämpfe! Denn du bist nicht so schwach wie die Menschen! Du bist nicht schwach!"
Was? Schwach? Green und schwach? Sie war nie schwach gewesen! Sie hatte immer auf eigenen Beinen gestanden, sie war unabhängig von anderen und ließ sich von deren Meinung und Haltung nicht beeinflussen. Green ging den Weg der ihrer Meinung nach der Richtige war, egal was andere dazu sagten. Aber mit einer solch großen Verletzung war das nicht möglich, das hatte nichts mit Schwäche zu tun, sondern einfach damit, dass ein Mensch nicht zu solch einem Wunder fähig war.
"Green-chan, du musst kämpfen! Als Wächter!"
... Aber Wächter vielleicht.
Greens Sinne nahmen ihre Arbeit wieder vollständig auf, als sie spürte wie eine Flüssigkeit in ihr Gesicht spritzte. Langsam öffnete sie die Augen, im gleichen Moment wie sie den Geschmack von Blut in ihrem Mund schmeckte. Zuerst war ihr Sichtfeld mit schwarzen Punkten gesprenkelt, klärte sich jedoch langsam auf.
Pink stand einen halben Meter vor ihr. Zwischen ihr und dem Dämon, der für Greens Geschmack eindeutig zu nah war, hatte sich eine pinke durscheinende Mauer gebildet, welche scheinbar Ursprung in Pinks Handflächen hatte, die sie ausgestreckt vor sich hielt. Doch kaum lagen Greens Augen eine Sekunde auf diesem Bild, zerbröckelte die pinke Substanz wie Glassplitter. In diesem Moment sah Green erst, dass etwas Pinks Schulter getroffen hatte und sie realisierte, dass es ihr Blut war, welches Green ins Gesicht gespritzt war.
...Pink hatte ihr das Leben gerettet, obwohl sie sich nicht kannten?
"Green-chan... benutz das Glöckchen", sagte das kleine Mädchen ehe sie wie ein Stein zu Boden fiel und regungslos liegen blieb.
Green biss sich auf die Unterlippe und starrte ihren Körper an, aus dem das Blut floss und sich auf dem grauen Boden verteilte. Erst als sie bemerkte, dass das Monster nun seine riesengroßen Augen auf sie gerichtet hatte, wandte sie ihren Blick von Pink ab.
Was sollte sie tun? Das Glöckchen benutzen? Ja, aber, wie?!
Dem hoffnungslosem Mädchen blieb gar nicht anderes übrig, als Pink zu vertrauen. Oder anders gesagt: Wenn sie sterben würde dann konnte sie genauso gut alles ausprobieren, um diesem Schicksal zu entgehen.
Aus lauter Panik heraus, zerriss Green den Verschluss der billigen silbernen Halskette, an dem das Glöckchen hing und tat das Gleiche was Pink zuvor gemacht hatte: sie hielt das Glöckchen in der einen Hand vor sich ausgestreckt, dem Dämon entgegen.
Dieses verfluchte Ding hatte ihr gefälligst zu helfen, Green wollte nicht sterben.
Kaum, dass dieser Gedanke ihr durch den Kopf geschossen war, spürte sie, dass sich tatsächlich etwas an dem Glöckchen veränderte; die Form.
Das Glöckchen war nicht länger ein Schmuckstück, sondern ein verzierter Stab, mit einem Glöckchen in einen Kreis, der an der Spitze des Stabs befestigt war.
Green wusste nicht woher sie das Wissen plötzlich hatte, aber plötzlich war ihr bewusst, dass der Stab ihr als Waffe dienlich war. Ihre Panik war auf einmal wie weggeblasen, es war als würde sie genau wissen, was sie zu tun hatte. Selbst als die Attacke des Dämons auf sie zu schoss blieb sie ruhig. Sie hielt den Stab der schwarzen Energie entgegen, die der Dämon abgefeuert hatte und war nicht einmal erstaunt, als die schwarze Energie von der Spitze des Stabes absorbiert war. Die eine Seite ihrer neugewonnen Waffe färbte sich schwarz und noch während es sich aufzufüllen schien, erhob Green den Stab um dann mit Schwung wieder unterzugehen. Als der Stab genau auf der Höhe des Dämons war, rief Green:
"Darklightning!" Die gleiche Energie die Green nur kurz zuvor aufgefangen hatte, entlud sich nun aus der Spitze des Stabes, nur mit dem Unterschied, dass dieser ein weiß leuchtendes Centrum besaß. Die Energie traf das Monster und kaum hatte es das Ziel getroffen, löste dieses sich schneller in einzelne Partikel auf, als Green gucken konnte. Nichts blieb von diesem Albtraum übrig.
Mit der Waffe noch in der Hand starrte Green auf dem Punkt, wo eben noch ihr Gegner gestanden hatte. Erst langsam kletterte die Ohnmacht ein weiteres Mal in ihr empor und ehe die Schmerzen sie wieder einholen, fiel sie neben Pink zu Boden...
Von weit her ertönten Schritte. Sanfte Schritte, als würde Derjenige kaum den Boden berühren. Green wollte die Augen öffnen, sie wollte diese Person mit eigenen Augen sehen, doch das Unterfangen war unmöglich. Jeder einzelende Punkt in ihrem Körper schmerzte fürchterlich und es wunderte sie, dass sie überhaupt noch bei Bewusstsein war. Warum war sie nicht schon tot?
"Mein Mädchen... wie tapfer du dich geschlagen hast." Green erkannte die Stimme wieder: es war die gleiche vertrauensvolle und zugleich bekannte Stimme, welche sie auch schon in ihrem Traum gehört hatte und welche sie vor dem Glöckchen gewarnt hatte. Wer war sie? Sie musste jetzt neben ihr sitzen, oder knien, denn Green vernahm wie sie ihre Haare aus dem Gesicht streichelte.
Und noch etwas anderes spürte sie: Ihre Schmerzen ließen nach, es war als würden sie sich in Luft auflösen. Nein, das war so nicht richtig. Denn sie lösten sich nicht in "Luft" auf, sondern hinterließen Wärme... und Geborgenheit.
Die warme Hand, die ihr Gesicht berührt hatte, löste sich wieder von ihr und Green verspürte den Drang nach ihr zu schreien, sie möge noch nicht gehen. Doch sie entfernte sich... Die Schritte verklangen im Schacht und als Green die Augen öffnen konnte, gelang es ihr nur einen kurzen Blick auf den Rücken der Person zu erhaschen.
Ihre Erscheinung war von reinem Weiß; ihre langen Haare waren weiß und das weite Kleid, welches sie trug, war von der gleichen Farbe.
"Ein... Engel?"
"In Lights Namen! White! Was fällt dir eigentlich ein!?" Ihr Vater war ein weiteres Mal kurz davor vor Wut überzukochen. Gründe hatte er immerhin genug. Nur gut für White, dass sie momentan nicht anwesend war. Stattdessen mussten nun andere Wesen unter seinem Temperament leiden, welche vom Aussehen her ihm recht ähnlich sahen. Alle drei waren ein weißes Erscheinungsbild.
"Yogosu hat einen recht interessanten Kampfstil! Very great!"
"Kampfstil nennst du das? Ich nenne das...", antwortete ein Anderer, doch wurde unterbrochen:
"Unwichtig! Viel bedeutender ist, dass sich in ihrem Angriff nur knapp 10% Magie befindet, die dem Licht zugeordnet werden kann!", entfuhr es der Person unter ihnen, die am sauersten war unter den Dreien, der auch sofort die Leitung des Gespräches an sich zog.
"Sie sollte eine Vertreterin des Lichtes sein, aber so wie ich das sehe, bestätigen sich unsere Befürchtungen!"
"Ich bringe sie gerne um!", erwiderte der Größte von ihnen mit einem Grinsen und die Hand auf einem Schwert ruhend. Der Weißhaarige der neben ihm stand, verdrehte genervt die Augen und der Letzte im Bunde antwortete:
"Du hast vor 16 Jahren bereits versagt, Seigi." Der Angesprochene kam nicht zum antworten, denn der Andere antwortete im ruhigen Tonfall:
"Wir sollten daran denken, dass die Hälfte des Rates auf White-sans Seite steht. Ein solcher Schritt wäre fatal für das Gleichgewicht in unseren Reihen." Whites Vater seufzte verärgert.
"Hast du mit Adir gesprochen?"
"Er weigert sich nach wie vor am Rat teilzunehmen." Das war zu viel. Mit der zusammen geballten Faust schlug der Angesprochene auf den Tisch. Sein Gesprächspartner zuckte zusammen, während der Schwertträger Seigi weiterhin vor sich hin grinste.
"Nach diesen Zahlen...", er zeigte auf einen Bildschirm.
"Weigert er sich nach wie vor?! Yogosu könnte zu einer enormen Gefahr werden. Wenn wir diese Gefahr nicht so schnell wie möglich auslöschen, sehe ich für die Zukunft des Wächtertums schwarz, meine Herren! Es muss etwas unternommen werden. So schnell wie möglich!" Er sah die beiden Männer ernst und resolut an.
"Ruft die Ratsmitglieder zusammen. Wir rufen den Rat zusammen, mit oder ohne Adir! Und sorgt dafür, dass meine Tochter anwesend ist!"
Es war ein klarer Morgen, keine Regenwolken waren über Tokio zu sehen und für die, die den Sonnenschein liebten, würde es ein angenehmer Tag werden. Ein Großteil der Menschen war schon im morgendlichen Stress unterwegs auf den Straßen, welche bereits überfüllt war. Nur ein Paar schliefen noch. Darunter auch Green, die noch seelenruhig in ihrem Bett und schlief... bis ein schepperndes Geräusch Green aus ihrem Schlaf aufschreckte und sie mit ein Mal Kerzengerade im Bett stehen lies.
"Was zur Hölle..." Green schaute sich noch etwas verschlafen um und wischte sich den Schlaf aus den Augen. Erst als diese wieder geputzt und gereinigt waren, sah das Mädchen wie spät es war und die Uhrzeit sagte Green, dass sie langsam los musste. Ohne vorhandender Lust öffnete sie ihren Kleiderschrank, zerrte ihre Schuluniform von der Stange und zog sich um. Mit der Bürste in der Hand ging sie aus ihrem Zimmer. Kaum stand sie in der Stube, die zur Küche angrenzte, wusste sie auch was das weckende Geräusch verursacht hatte; Pink stand inmitten von Scherben.
"Guten Morgen, Green-chan!", sagte sie putzmunter, als würde sie die Scherben nicht bemerken.
"Morgen. Was hast du da gemacht? Weißt du eigentlich wie teuer so was ist?", antwortete Green ruppig. Pink setzte ihre Unschuldsmiene auf, die bei ihrer Gesprächspartnerin garantiert nicht wirkte.
"Ich wollte mir nur was zu essen machen... aber ich bin das nicht gewöhnt auf diese Weise essen zu machen!" Green seufzte daraufhin und war kurz davor ihren Taschenrechner zu zücken um den finanziellen Schaden auszurechnen. Doch sie unterdrückte diesen Drang.
"Ich werde nachher einen neuen Teller kaufen und du wirst mir das Geld zurückbezahlen! Jeden einzelnen Yen!" Pink schaute sie verwirrt an.
"Ich hab doch gar kein Geld." Green schüttelte müde den Kopf und beschloss, dass es erstens zu früh war, und zweitens, dass es so oder so nicht viel brachte mit Pink zu reden.
"Ach egal, ich hab's eilig. Wir regeln das später!"
Kaum stand Green draußen im Treppenhaus brachen langsam die Bilder der gestrigen Nacht über ihr Bewusstsein herein. Dieses monströse Wesen, das ganze Blut, Pink am Boden, die Schmerzen, diese Frau... und das was sie selbst getan hatte. War das nur ein Traum gewesen? Wie anders war es zu erklären, dass sie nach so einem Erlebnis einfach in ihrem Bett aufgewacht war, wie am jedem anderen Morgen auch? Der Tag begann wie immer... und auch ihre Schuluniform, die sie bei diesem Kampf angehabt hatte, hätte zerrissen sein müssen, doch sie war wie neu.
Green starrte ihre Hände an, wo kein einziger Kratzer zu sehen war. Das war einfach unmöglich um wahr zu sein... aber es gab eine Möglichkeit es herauszufinden: das Glöckchen. Auch dieses hing wieder an einer silbernen Kette, die eigentlich ebenfalls kaputt sein müsste und diese Gewissheit beruhigte Green um einiges. Sie weigerte sich es zu glauben.
Doch schnell wurde ihr bewusst, dass sie sich irrte.
Denn das Glöckchen veränderte wieder seine Form und in Greens Händen lag die Waffe, die in der gestrigen Nacht den Dämon getötet hatte.
"...Du und ich, wir sind keine Menschen! Wie sind Wächter!"
Green schluckte nur.
Im Laufe des Tages vergrub Green sich immer mehr in ihrer Gedankenwelt. Es war für andere beinahe unmöglich sie zu erreichen und erst beim zweiten oder dritten Versuch war es für Sho möglich ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Natürlich fiel ihr der Zustand ihrer besten Freundin auf, doch Green antwortete nicht auf ihre Fragen, was denn los war. Wie sollte sie auch? Wie sollte sie jemanden etwas davon erzählen? Niemand würde ihr glauben, sie wollte es ja selbst nicht glauben. Immer wieder spielte das Geschehen sich vor ihrem geistigen Auge ab und die Worte Pinks wiederholten sich, als wären sie auf Endlosschleife gestellt.
Um sich abzulenken trainierte Green freiwillig weiter nach dem eigentlichen Training für die Rhythmische Gymnastik noch weiter in der leeren Turnhalle. Eigentlich sollten sich ihre Gedanken mehr um ihre Bewegungen oder die Mathe Prüfung kreisen, die sie Heute zurückbekommen hatte, doch das Training regten ihre Gedankenkreise um die merkwürdigen Ereignisse nur noch weiter an. Green fragte sich, um die neugewonnene Leichtfertigkeit ebenfalls die Schuld des Glöckchens war und ob die Schwingen, die sie sich immer gewünscht hatten, nur daher rührten...
Was war das Glöckchen überhaupt? Was war das Licht gewesen, welches erstrahlt war und sich um sie gelegt hatte, als sie das kleine Ding berührt hatte? Zu viele Fragen und niemand der ihr eine Antwort geben konnte, denn Green zweifelte daran, dass Pink ihr die Erklärung geben konnte, die sie haben wollte... diese engelshafte Frau konnte ihr garantiert die Antworten geben, die sie ersehnte... aber wie sollte Green sie finden?
Green war so sehr in ihren Gedanken vertieft, dass sie nicht bemerkte, dass sie sich mit ihrem Turnband selbst eine Falle stellte und schon fiel sie zu Boden, wo sie regungslos liegen blieb; Nicht, weil der Sturz enorm geschmerzt hatte, sondern weil ihr die Lust fehlte aufzustehen. Ihr beschleunigter Atem war das einzige, was in der Turnhallte zu hören war, ansonsten war es vollkommen still. Green lag einfach da, im Sonnenlicht, welches durch das große offene Fenster unter dem Dach herein strahlte. Irgendwie tat es gut... ihr war nie aufgefallen, dass das Sonnenlicht sich so schön anfühlen konnte. Es war so schön warm... fast wie die Wärme der Frau. Doch nicht nur das; das Licht schien ihre Ressourcen wieder aufzuladen. Green fühlte sich plötzlich so wohl, dass sie gar keine Lust hatte wieder aufzustehen. Daher wahrte dieser Akt auch einige Minuten, ehe sie sich aufrichtete. Sie war auch nicht aufgestanden, sondern hockte weiterhin auf den Boden, den Kopf Richtung strahlender Sonne erhoben, wo sie langsam die Augen öffnete und in die Sonne sah.
Erst nach verstrichenen Sekunden, in denen sie direkt in die Mitte der Sonne sah, dämmerte es Green und ihre Augen weiteten sich überrascht.
"Sag mir, kannst du in die Sonne sehen?!"
Sie konnte in die Sonne sehen. Aber ein normaler Mensch konnte nicht ohne Sonnenbrille in die Sonne sehen ohne geblendet zu werden. Woher hatte Gary das gewusst? Warum hatte er sie das gefragt? Oder sollte das Zufall sein? Aber niemand stellte so eine Frage. Kein Mensch würde auf so eine Idee kommen! Was hatte das zu bedeuten? War er vielleicht doch nicht so unscheinbar, wie sie annahm?
Zu viele Fragen... und immer noch niemand in Sicht, der ihr Antworten liefern konnte.
Auf dem Nachhauseweg hatten sich die Gedanken nun um Gary fixiert und die anderen Fragen hatten sich in den Hintergrund geschoben. Sie war sogar so weit gegangen und hatte nach ihm in der Schule gesucht, oder eher in der Bibliothek. Green war fest davon entschlossen von ihm Rede und Antwort zu stehlen. Doch er war nirgends zu finden. Auf der einen Seite natürlich ärgerlich, aber auf der anderen wusste Green auch überhaupt nicht, wie sie anfangen sollte. Sollte sie einfach auf ihn zugehen und fragen was seine Frage zu bedeuten hatte? Sie kannte ihn nicht gut genug um zu beurteilen, ob es etwas bringen würde... sie hatte sich nie mit ihm auseinandergesetzt, oder sich die Mühe gemacht ihn zu verstehen. Green wusste nicht einmal wo er wohnte, ansonsten hätte sie Gary dort aufsuchen können. Wenn er allerdings genau wie sie kein Mensch war... konnte er ihr garantiert mehr Antworten geben als Pink. Green glaubte, dass selbst, wenn Pink etwas wüsste, würde es ihr nichts nützen. Pink war nicht gerade die Hellste, das wusste sie schon nach den drei Tagen.
Also war Gary eine gute Anlaufstelle, auch wenn ihr der Gedanke nicht behagte, dass sie ausgerechnet seine Hilfe im Anspruch nehmen musste. Immerhin baute deren Beziehung nicht gerade auf Sympathie auf. Schon gar nicht, nach der gestrigen Feindlichkeit von seiner Seite aus! Nein, Green konnte ihn wirklich nicht leiden. Aber um ihren Fragedurst gestillt zu bekommen, würde sie selbst dies tun.
Greens Gedankengänge wurden auf halbem Weg unterbrochen und der Ursprung war alles andere als schön, denn es war das Strahlen des Glöckchens. Dies bedeutete wohl das gleiche wie schon am gestrigen Tag: ein Dämon war in der Nähe.
Schluckend sah Green sich um, fast schon hilfesuchend. Die Menschen um sie herum bemerkten das Leuchten nicht und Pink war nirgends zu sehen, genauso wenig wie ein Dämon. Was sollte sie jetzt tun? Zuerst Nachhause gehen und Pink holen, oder versuchen sie zu kontaktieren? Vielleicht war es dann schon zu spät und es gab bereits Tote? Aber ging es sie überhaupt etwas an? Wenn Green ehrlich zu sich selbst sein sollte, musste sie sich eingestehen, dass sie am liebsten das Leuchten ihres Glöckchens ignorieren würde. Der Dämon konnte ihr doch egal sein und sowieso, war Green nie eine hilfsbereite oder soziale Person gewesen, eher das Gegenteil, sie war ein Egoist. Warum sollte sie ihr Leben für andere aufs Spiel setzten? Tat jemand es für sie? Nein, niemand interessierte sich für sie. Die Welt war grausam und hart...
Das Leuchten wurde stärker, zusammen mit dem Schrei des Glöckchens und im selben Moment mischte sich noch ein anderer Schrei mit rein. Green wirbelte herum und sah die Ursache für den Schrei, keine fünfzig Meter von ihr entfernt war der Ursprung für den Schrei des Glöckchens aufgetaucht und türmte sich nun über eine Frau. Das Ungetüm sah anders aus als der Letzte, es war von der Statur her kräftiger, dafür aber ein wenig kleiner - auch wenn man bei drei Metern nicht gerade von winzig sprechen konnte. Was es ebenfalls von dem Letzten unterschied, war die Tatsache, dass es einen Mund besaß, welches es scheinbar sogar zum sprechen gebrauchen konnte. Denn als er Green erblickte zischte es:
"Wo ist die kleine Göre?!" Das war zu viel für die Frau, sie fiel in Ohnmacht und ließ Green, zusammen mit dem Dämon alleine auf der kleinen Straße zurück. Kurz fragte sich die Übriggebliebene wie groß ihre Chancen waren, einfach abzuhauen. Doch dann würde dieses Viech wahrscheinlich noch die Frau fressen, oder sonst was, und Green war sich nicht sicher, ob sie diese Verantwortung tragen konnte. Also blieb ihr nichts anderen übrig als dem Dämon den Kampf anzusagen.
Schnell löste Green das Glöckchen von ihrer Kette und kaum hatte sie das kleine Ding in der Hand, verwandelte es sich in ihre Waffe. Um vom letzten Mal zu urteilen, musste Green auf einen Angriff warten, den sie absorbieren konnte und dies ermöglichte ihr erst eine Chance auf einen Sieg.
"Wo ist die kleine Göre?!", kam es wiederholt von dem Dämon und Green fragte sich, ob dieser Satz der Einzige war, was es sagen konnte. Wem suchte es?
Der Dämon schien nicht im Sinne zu haben, irgendetwas mit Green anfangen zu wollen. Regungslos verharrte es fünfzig Meter von ihr entfernt. Also blieb der frisch gebackenen Wächterin nichts anderes übrig als sich ihm zu nähern, wenn er zu faul war sich zu bewegen. Innerlich fluchte sie, als sie zum Spurt ansetzte, doch, tatsächlich, ihre Taktik brachte etwas. Kaum hatte sie sich bewegt, griff es, wie erhofft an. Genau wie beim letzten Kampf hielt Green den Stab vor sich ausgestreckt und dieser nahm die schwarze Energie, Magie oder was auch immer es war, auf und färbte sich zur Hälfte schwarz. Doch gerade als Green angreifen wollte, kam der Dämon ihr zuvor. Mit einer ungeheuren Schnelligkeit schoss dessen Klauen auf das Mädchen zu und sie konnte dem nur entgegen, in dem sie sich auf den Boden fallen ließ. Ihr blieb keine Zeit sich auszuruhen, denn es setzte sofort nach und dessen Faust sauste auf sie nieder, als würde es eine Ameise zerquetschen wollen. Green gelang es nicht auszuweichen, dafür dauerte es zu lange aufzustehen. Sie kniff die Augen zusammen und machte sich auf Schmerzen bereit... was umsonst war.
"Green-chan!" Green war noch nie so erleichtert gewesen Pinks quietschende Stimme zu hören und endlich traute sie sich die Augen zu öffnen. Über ihr sah sie das gleiche Phänomen, welches ihr bereits einmal das Leben gerettet hatte: eine pinkfarbene Glasscheibe.
Green nutzte die Zeit, in dem der Dämon von der Neudazugekommenen Notiz nahm und floh aus seinem Angriffszirkel zu Pink. Erst da fiel ihr auf, dass der Dämon ungewöhnlich lange Pink anstarrte.
"Die kleine Göre!" Zuerst dachte Green nur, dass es doch ein Wunder war, dass es auch noch etwas anderes sagen konnte, doch dann dämmerte es ihr und sie wirbelte zu Pink herum. Der Blick ihrer kleinen Freundin war auf einmal unheimlich angsterfüllt geworden und wenn Green es richtig sah, zitterte sie.
"Pink, was ist los?" Kaum kamen diese Wörter über Greens Lippen, versteckte Pink sich schon hinter ihrem Rücken.
"Sie kommen um mich zu holen!" Es war wahrlich nicht zu übersehen, dass der Dämon es auf Pink abgesehen hatte. Denn als es plötzlich auf sie zu raste und die beiden Mädchen gezwungenermaßen auseinander springen mussten, richtete es seine Aufmerksamkeit voll und ganz Pink. Green war uninteressant geworden. Es griff nach Pink, die jedoch wieder ihre Kräfte einsetzte um eine Barriere zwischen ihren Angreifer und sich selbst zu errichten, damit entging sie einem Treffer. Pink war klein und flink und war damit im Vorteil gegenüber dem großen Klotz. Ihre Fähigkeiten schützten sie vor direkten Treffern, doch sie holte nicht zum Gegenangriff aus - warum nicht?
"Pink! Greif doch an! Du hast doch genug Chancen!" Pink wich einer weiteren Attacke ihres Verfolgers aus und hatte damit noch keine Zeit zum antworten. Erst nach mehreren Manövern, antwortete sie:
"Kann ich nicht! Ich kann nur Schutzmagie!" Green schallte sich in Gedanken eine Närrin; das hätte ihr auch schon früher klar werden können.
"Hej, du dummes Mistviech! Vergreif dich lieber an Jemanden der fast genauso groß ist wie du!" Ihr Versuch die Aufmerksamkeit des Dämons zu erlangen, war vergebens; es hatte nur Augen für Pink. Aber das konnte man ja auch ausnutzen.
Green rannte hinter es, die Treppenstufen einer Treppe empor, damit sie in etwa auf gleicher Höhe wie dessen Kopf war. Dort schwang nahm sie Anlauf, sprang von der obersten Stufe und noch während sie in der Luft war, schwang sie den Stab hoch über ihren Kopf und schrie:
"Darklightning!" Genau in dem Moment wo sich die schwarze Energie aus ihrem Stab entlud schlug Greens Stab zwar nicht auf seinem Kopf ein wie geplant, sondern auf dessen Schulter. Zwar hatte sie ihr Ziel nicht getroffen, doch das Ergebnis war das gleiche.
Der Dämon war eliminiert.
... und Green landete unsanft auf dem gepflasterten Boden. Noch während sie stöhnend feststellte, dass dies nicht gerade die schönste Kür gewesen war, rannte Pink zu ihr und ehe Green sich versah, warf sie sich um Greens Hals und schloss sie in eine liebevolle Umarmung.
"Danke, Green-chan! Ich hab dich ja so lieb!" Die Angesprochene wusste gar nicht, was sie darauf antworten sollte. Daher schwieg sie erst einmal, bis Pink sie von alleine wieder los ließ und sich grinsend vor sie setzte. Green jedoch wurde ernst:
"Pink, ich denke, du bist mir eine Erklärung schuldig."
Pinks Lächeln schwand.