Kapitel 96 - Heilige Tränen der Hikari
Die leuchtende Welt um Green herum löste sich zusammen mit ihr auf. Zuerst erstrahlten ihre Finger und dann sah sie mit großen Augen, in denen sich das Licht widerspiegelte, dabei zu, wie sich ihr ganzer Körper in Funken auflöste. Die einzelnen Fünkchen sprangen auseinander, änderten in einem spielenden Tanz die Farbe und malten einen lavendelfarbenden Abendhimmel, als wäre diese lichterne Sphäre eine Leinwand. Hohe, in sich drehende Türme entstanden aus dem Nichts, Bäume sprangen aus dem saftigen Grün; Flüsse begannen aus den Felsen zu sprudeln und Klippen herunterzulaufen in Flüsse und Fjorde. Gerüche und Geräusche - Gerede und Musik - mischten sich zum sanft wärmenden Licht der Abendsonne; machten das Bild komplett. Das Bild einer längst vergangenen Welt: Aeterniem.
Es waren viele Geräusche, die sich auf einem Schlag aufdrängten. Entferntes Vogelgezwitscher mischte sich mit dem Klang vieler Stimmen. Da war Lachen, da war Geschrei, da war ein Tosen und Greens Sinne waren gänzlich überfordert. Diese Welt fühlte sich realer und zugleich unechter an, als jede andere Zeit- oder Erinnerungsreise, die sie bis jetzt gemacht hatte und sie hatte Probleme - große Probleme - damit, ihr Bewusstsein beisammenzuhalten; nicht zu vergessen, in welche Zeit sie selbst gehörte und wer sie selbst war.
"Alles gut." Green hatte keinen eigenen Körper mehr; sie sah ihn jedenfalls nicht mehr und doch hatte sie das Gefühl, als würde jemand ihre Hand nehmen, während die tausend Stimmen um sie herum langsam verständlicher wurden und sie begann Worte zu verstehen.
"Es ist Vergangenes. Es ist alles bereits geschehen. Halte mich und ich werde dich führen, solange es dein Wunsch ist." Sie hatte das Bedürfnis zuzugeben, dass es jetzt schon nicht mehr ihr Wunsch war... ihr Blickfeld wurde unscharf, die Worte entglitten ihr wieder und das Sonnenlicht wärmte nicht mehr... aber Silence... sie musste an Silence denken. Das hier musste sie wissen: Sie musste es erfahren, irgendwie. Green musste durchhalten.
"Sehr gut... du machst das sehr gut." Und plötzlich war alles scharf und sie erkannte, wo sie sich befanden - in einem Rundbau aus steinernen Tribünen... einem Kolosseum - dort, wo die Turniere stattfanden. Ein Gewinner eines Zweikampfes wurde gerade verkündet, die Menge überschlug sich vor Beifall; vorallem die Dämonen, die wieder einmal ein Turnier gewonnen hatten. Wieder einmal? Aber woher wusste sie das...? Ah, sie wusste es, weil Light es wusste. Er hatte schon so viele Kämpfe mit angesehen, obwohl er es nicht sehen mochte. Er hatte andere Interessen, aber er konnte sich seinen Pflichten nicht entziehen und begleitete stets seine Mutter und seine Schwester, die beide links von ihm saßen. Zuerst Hikari, dann Hikaru. Die eine applaudierte höflich, die andere saß steif da und verzog das Gesicht nicht. Light applaudierte ebenfalls: er mochte das Kämpfen nicht sehen, aber er mochte es, wenn die Gewinner guten Kampfgeist bewiesen, so wie jetzt, und den Verlierern auf die Beine halfen.
Hikaru schnaubte verächtlich.
"Was für ein erbärmlicher Kampf."
"Ich denke, es war ein gutes Duell. Sie haben beide ihre jeweiligen Stärken sehr gut zum Ausdruck gebracht."
"Ja", pflichtete Hikari ihrem Sohn in Gedanken bei, da sie nur so mit Hikaru kommunizieren konnten:
"Keiner der Kontrahenten wurde verletzt. Das war doch... ein guter Kampf." Hikaru antwortete ihnen nicht. Im Gegensatz zu ihren beiden Elementverbündeten mochte sie es nicht, mit ihnen per Gedankenübertragung zu reden - das wusste Light heutzutage.
Damals, als Hikarus Einstellung und ihr Rassismus für Light und Hikari nur eine Meinungsverschiedenheit war, mochten sie diese Art miteinander reden zu können sehr. Sie mochten es, weil es sie miteinander verband, weil sie so eine Familie waren. Hikaru mochte es nicht. Hikaru verabscheute ihre Unfähigkeit sprechen zu können und betrachtete die Gedankenkommunikation als eine Beleidigung; als ein Zeugnis ihrer eigenen Unkomplettheit. Sie konnte das Positive daran nicht erkennen - und bald würden auch Hikari und Light erfahren, dass das Band, das sie so wertschätzten, eine sehr negative Kehrseite besaß.
Doch in Zeiten des Friedens waren sowohl Hikari als auch Light dazu gewillt, jeden Schatten zu übersehen. Aeterniem hatte immer mit kleinen Problemen zu kämpfen gehabt, die sie aber immer gemeinsam gelöst hatten - dass das größte Problem neben ihnen saß, das ahnten sie nicht.
Mittlerweile musste Light sich eingestehen, dass sie viel zu lange die Augen davor verschlossen gehalten hatten. Sie wollten es nicht sehen. Sie wollten es nicht wahrhaben.
Dieser Tag würde ihnen noch nicht die Augen öffnen.
Aber dieser Tag war der Anfang. An diesem Tag begann es.
Der Verfall.
Hikaru sah wie immer, wenn sie schlecht gelaunt war, in die Sonne, die Hände im Schoß gefaltet und die Siegerrede für die gewinnende Dämonin komplett ignorierend, die von ihrem stolzen Vater über allen Maßen gelobt wurde. Während Light das Herz aufging, senkte Hikaru unbemerkt wieder die Augen, als eine Wolke sich vor die Sonne schob und streifte den Blick des anderen Mitspielers in diesem gefährlichen Spiel um Aeterniems Zukunft.
Sie offensichtlich triezen wollend hob er spielend die Hand zum Gruß, doch Hikaru reagierte nicht. Sie sah ihn nur ausdruckslos an.
"Eure kindische Art wird noch ein Unheil heraufbeschwören." Als diese nüchterne Stimme hinter ihm ertönte, gab es für den Dämonenherrscher sofort Wichtigeres als Hikaru zu ärgern. Sein Gesicht hellte auf und sein Kinn rutschte beinahe von seiner Hand, aber anstatt sich herumzudrehen und zu zeigen, dass er sich über die plötzliche Anwesenheit seines Beraters freute, spielte er den Beleidigten:
"Wo warst du, Luzifer? Ich habe mich gelangweilt!" Eigentlich wollte der Dämonenherrscher Luzifer noch länger damit strafen, ihn nicht anzusehen, aber er konnte gar nicht anders - er drehte sich herum und sah das Wesen an, welches seiner Meinung nach das schönste Wesen war, welches er geschaffen hatte - und jeder, der eine andere Meinung hatte, hatte keine Augen! Schönste, weichste Locken, in dem hübschesten Lavendel und wenn die Sonne sein Haar berührte, schimmerte es golden wie hellstes Laub im Herbst; für einen solchen Anblick konnte man die Sonne beinahe lieben, die auch seinen dunklen, nach oben geschwungenen Hörnern einen goldenen Glanz verlieh. Sein Gesicht war ebenmäßig und schön, ohne die kleinste Unebenheit und den kleinsten Kratzer, mit einer leicht nach oben geschwungenen Nase, die ihm ein recht strenges Profil gab und er konnte auch streng sein, oh ja, das konnte er... aber sein Gesicht verblieb stets sanft und leider... lag stets eine leichte Melancholie in seinen goldenen Augen, die umrahmt waren von langen, dichten Wimpern.
"Weshalb, Gebieter?" Als wäre er ein Diener blieb er hinter seinem Herrscher stehen mit den Armen auf dem Rücken, mit leiser, melodischer Stimme sprechend, ohne die Lippen zu sehr zu bewegen, als wollte er die absolut nicht spannende Rede nicht stören, der er allerdings auch kaum Beachtung schenkte.
"Man hat mir berichtet, dass das Gefecht spannend gewesen sein soll."
"Es gibt in dieser Welt keine Spannung." Missvergnügt beobachtete er die kleinen Ringe auf der Oberfläche seines Traubensaftes, während er das Glas mit dem verzierten Rand leicht nach vorne kippte, ohne jedoch die Flüssigkeit zu verschütten.
"Das Ende eines jeden Kampfes ist so... vorhersehbar, wenn wir stets gewinnen." Er wog das Glas in seiner Hand ein wenig hin und her, um mehr Ringe zu erzeugen und hüllte sich in Schweigen, was Luzifer beunruhigte, weshalb er sich kurzerhand auf den leeren Platz neben ihn setzte.
"Ist ein Sieg nicht stets positiv?" Luzifer sah nach unten ins Stadion, wo der Vater seine Tochter freudig an seine Brust drückte.
"Nalafiel scheint sich jedenfalls sehr zu freuen." Es wunderte den namenlosen Dämonenherrscher, der immer noch Luzifer ansah, gar nicht, dass er seinen Namen kannte - während er das nicht tat.
"Hmhm..."
"Ihr hört mir nicht zu."
"Das stimmt nur so halb. Es interessiert mich nicht, wer sich über welchen Sieg freut, aber ich höre dich gerne reden." Luzifer sandte ihm seinen so geliebten, strengen Blick, der den namenlosen Dämonenherrscher allerdings nicht einschüchterte - er entlockte ihm nur ein weiteres Lächeln, welches auch bestehen blieb, während er das Thema wechselte:
"Du erwähntest ein Unheil. Erzähl mir doch lieber davon - das könnte mich interessieren." Es lag eine deutlich tadelnde Aussage in den goldenen Augen seines Teufels, aber sie waren nicht alleine, also blieb der Tadel in dem Gold seiner Augen verborgen.
"Ich spreche von Hikaru", flüsterte Luzifer genau in dem Moment, als die Menge noch einmal einen deutlichen Applaus spendete.
"Böses geht von ihrer Aura aus."
Einer musste es ja spüren.
Nur schenkte ihm niemand Gehör.
"Hikaru? Das einzig Böse, was von ihr ausgeht, mein Morgenstern, ist ihre stets schlechte Laune, die sogar die Sonne in die Knie zwingt", erwiderte der Dämonenherrscher enttäuscht klingend. Auch er unterschätzte Hikaru, wie alle anderen es ebenfalls taten. Doch Luzifer tat es nicht und auch jetzt beobachtete er sie unauffällig aus den Augenwinkeln heraus, als er versuchte, seinen Herrscher mit einem anderen Gesprächsthema von seiner Langeweile abzulenken. Luzifer liebte es, über die florierende Arbeit in deren Werkstätten zu sprechen und obwohl er immer wieder ein wachsames Auge auf Hikaru warf, sprach er sich schnell warm - der namenlose Dämonenherrscher hätte lieber über andere Dinge gesprochen, aber er liebte es, Luzifer beim Sprechen zuzuhören; vollkommen egal, welches Thema es war. Er besaß so eine angenehme Stimme und wenn er begeistert war von dem, was er erzählte, tauchte manches Mal ein Lächeln auf seinem sonst so ernsten Gesicht auf. Der Dämonenherrscher unterbrach Luzifer nicht; er betrachtete ihn, nickte und bejahte einige Dinge und zählte die Male, in denen Luzifers Lippen sich zu einem Lächeln formten.
"Du bist so schön, wenn du lächelst, Luzifer. Acht Mal habe ich gezählt." Luzifer, der gerade über eine neue Beleuchtungsart gesprochen hatte, die für die Straßen Lerenien-Seis gebraucht werden könnte, errötete ein wenig, obwohl er solcherlei Unterbrechungen gewohnt war.
"Ich hoffe, Ihr habt auch gehört, was ich gesagt habe."
"Oh doch, ja. Ich hing an deinen Lippen. Bei jedem einzelnen Wort." Luzifer ignorierte die offensichtlichen Schmeichelleien seines Herrschers gekonnt und kehrte wieder zum eigentlichen Thema zurück, von welchem er erst abkam, als sie das Stadium in der untergehenden Abendsonne verließen, wie es auch die drei Lichtgötter taten.
Luzifer, Peinlichkeiten vorausahnend, wollte seinen Herrscher eigentlich in eine andere Richtung führen, aber dieser achtete gar nicht auf die vergeblichen Versuche seiner rechten Hand.
"Guten Abend, den kleinen Lichtleinen!" Die drei Lichtgötter blieben auf dem abwärtsführenden Kieselweg stehen.
"Guten Abend", grüßte Light mit einem freundlichen Lächeln, aber genau wie Luzifer ein wenig angespannt wirkend.
"G-Guten Abend..." Hikari sah auf ihre Füße, in der Hoffnung ihren roten Kopf damit verbergen zu können; am liebsten hätte sie sich wohl hinter ihrem Sohn versteckt, aber sie hielt diesem Drang stand.
"Guten Abend, Light-san, Hikari-san..." Luzifer pausierte seinen Gruß kurz und nickte dann höflich in die Richtung von Hikaru:
"Hikaru-san." Hikaru erwiderte seine grüßenden Worte nur mit einem kurzen Blickkontakt - dann sah sie weg, allerdings nicht aus Scham, wie ihre Mutter, sondern aus gänzlich anderen, unschmeichelhafteren Gründen.
"Entschuldigt bitte, Hikaru ist ein wenig schlecht gelaunt", versuchte Light das Benehmen Hikarus zu entschuldigen, womit er sich allerdings einen so eiskalten Blick einhandelte, dass es allen kalt den Rücken herablief. Allen außer dem Dämonenherrscher, der dem Ganzen noch eins draufsetzen musste:
"Haha, verständlich, verständlich! Wenn man schon 33 Mal in Folge verloren hat, dann wäre ich auch schlecht gelaunt, haha!" Und ohne auf den warnenden Blick Luzifers zu achten, legte der Dämonenherrscher seine Hand auf Hikarus weißen Kopf und wuschelte ihre weißen Haare, so wie man es auch bei einem jüngeren Familienmitglied tun würde.
"Aber du musst nicht traurig sein, kleines Püppchen! Irgendwann gewinnt ihr garantiert auch mal." Entschlossen und scheinbar auch sehr hart, denn dem Dämonenherrscher entfloh ein "Autsch", schlug Hikaru seine Hand beiseite und ging dann, ohne noch mit irgendjemanden einen Blick ausgetauscht zu haben, davon. Sofort hörte Hikari auf, mit einem roten Kopf auf ihre Füße zu starren und machte sich aufgescheucht und erschreckt daran, Hikaru hinterherzueilen; jedoch nicht, ohne sich von den beiden Dämonen zu verabschieden.
"Hikaru, so warte doch!" Und schon war sie in der Menge verloren gegangen, gefolgt von dem ziemlich selbstzufriedenen Blick des Dämonenherrschers, der, trotz schmerzender Hand, auch noch grinste, als er den tadelnden Blick Luzifers sah.
Light seufzte:
"Ich denke, ich werde mich dann auch verabschieden..."
"Tu das, Light-kun, tu das, kümmere dich um den heiligen Hausfrieden!" Light und Luzifer himmelten beide gleichzeitig genervt mit den Augen, ehe Light seinen beiden Familienmitgliedern hinterhereilte.
"Haha, Light-kun ist einfach zu niedlich." Dann bemerkte der Dämonenherrscher Luzifers finsteren Blick, der ihn noch mehr erheiterte.
"Eifersüchtig, mein Morgenstern?", fragte er mit breitem, heiteren Grinsen, das Luzifer allerdings nicht erweichen konnte und da sie nun alleine auf dem Steg waren, zögerte er auch nicht seine Kritik auszusprechen:
"Nein. Besorgt. Nicht Hikaru ist das größte Unheil unserer Welt, sondern du!"
"Du machst dir zu viele Gedanken, Luzifer", erwiderte sein Herrscher, immer noch sichtlich amüsiert.
"Tu mir einfach den Gefallen und hör auf, die drei zu provozieren. Ganz besonders Hikaru und Hikari."
"Huh, warum denn Hikari?"
"Tu nicht so unschuldig - glaubst du, ich merke nicht, dass du sie mit ihrer Verliebtheit ärgerst?"
"Ach, das ist doch nur eine dumme, kleine Mädchenverliebtheit - warum machst du dir darüber solche Sorgen? Ist doch süß, wie sie immer rot wird, wenn ich in der Nähe bin, haha! Sie hat so ein unschuldiges Wesen, wie könnte ich da der Versuchung widerstehen?"
"Hör einfach auf, mit ihren Gefühlen zu spielen. Bei der nächsten Gelegenheit solltest du dich bei ihr entschuldigen und sie darüber aufklären, dass du ihre Gefühle nicht erwiderst, damit sie sich keine unnötigen Hoffnungen macht. Verliebtheit kann ein Gefahrenfaktor werden." Der namenlose Dämonenherrscher sah Luzifer nachdenklich an. Die letzten Strahlen der Sonne waren verschwunden und die Fackeln wurden um sie herum an den Häusern entfacht: man hörte viele Stimmen und hier und dort Gesang. Es wurde getanzt und gespielt - Brocken-Nell war eine stets muntere Stadt, die besonders aufblühte, wenn die Fackeln zu brennen begannen.
"Möchtest du das gerne, Luzifer?"
"Ja, das wäre mir in der Tat ein dringendes Bedürfnis."
"Gut", begann der Dämonenherrscher sich von Luzifer lösend und die Richtung einschlagend, die die drei Lichtgottheiten genommen hatten:
"Dann werde ich sie mal aufsuchen und ihr sagen, dass sie aufhören muss, mich so verliebt anzugucken, weil du ansonsten eifersüchtig wirst!"
"So hatte ich das nicht gemeint und das weißt du genau..." Aber dann war der Dämonenherrscher in der Menge verschwunden und die Hand, die Luzifer noch nach ihm ausgestreckt hatte, fiel herunter.
In seinem Blick spiegelte sich das Gefühl seines Herzens wider, welches sich zusammenzog im Schatten einer dunklen Vorahnung...
Da Silence sich dem Turm, in dem Green ruhte, nicht nähern konnte, war sie aus Langeweile Firey gefolgt, die ihr Zimmer aufgeregt und mit ungekämmtem Haar verlassen hatte und durch den Tempel gehastet war. Natürlich konnte Silence keinen Kontakt mit ihr aufnehmen oder wie bei Green in sie hineinsehen oder direkt in sie hineindringen, aber es war deutlich, dass die kleine Feuerwächterin unruhig und nervös war wegen dem weißen Wasser. Fast schon alarmiert, als würde in dem Wasser etwas Gefährliches lauern. Silence wusste, dass das so nicht ganz wahr war, aber dennoch konnte sie Fireys Bedenken gut nachvollziehen - was sie allerdings nicht verstand war, weshalb Firey ihre Kehle mit ihrer rechten Hand bedeckte. Ob das eine Angewohnheit von ihr war? Das war Silence bis jetzt nicht aufgefallen, aber sie hatte Firey auch nie sonderlich viel Beachtung geschenkt. Sie war durchschnittlich, nett und freundlich und alles in allem langweilig.
Sie war einfach Greens Menschenfreundin. Punkt.
Aber jetzt folgte Silence ihr. Sie folgte ihr durch den Tempel, zum Teleportationspunkt und dann direkt nach Sanctu Ele’ Saces. Aha, sie wollte zum Turm. Zum Turm der Reinheit. Dem Turm der Tränen - er hatte so viele Namen über die Jahrhunderte erhalten. Verstand sie, dass das Wasser sich wegen Green weiß gefärbt hatte? Oder wurde sie von einem unguten Gefühl getrieben, zu Green geführt? Aber was wollte sie dort? Hatte sie etwa das Gefühl, dass ihre Freundin irgendwie in Gefahr war? War Fireys ungutes Gefühl berechtigt, konnte sie es als einzige Wächterin spüren, weil sie ein offenes, an sich selbst zweifelndes Wesen besaß, empfänglich für Störungen, für Gefahr? War es ihr menschliches Herz, das als einzige die Gefahr vernehmen konnte, die sich hinter den Traditionen rund um die Weihe verbarg?
Aber nur, weil sie es spüren konnte, bedeutete das nicht, dass sie etwas ändern konnte. Silence konnte sich dem Turm nicht nähern; seine unsichtbare, von Tag zu Tag stärker werdende Aura war zu stark, weshalb sie sich auf eine Fensterbank im Hauptgebäude von Sanctu Ele'Saces schmiss und von Weitem beobachtete, wie Firey den schmalen Kieselweg entlang hechtete, den die Hikari am gestrigen Tag gegangen waren und der sich hinauf schlängelte zum Turm.
Genau wie von Silence erwartet, kam Firey nicht weit. Mit einem beschleunigten Atem rannte sie die weißen Treppen zum Turm empor, achtete nur beim Vorbeirennen auf das weiß leuchtende Wasser der kleinen Kanäle und wollte gerade an Ryô und Itzumi vorbeirennen, um zum Turm zu gelangen, da versperrten ihr die beiden Tempelwächter den Weg. Beide hatten sie schlicht ihre Arme seitlich ausgestreckt, womit ihre Arme sich kreuzten und so verhinderten, dass Firey sich dem Portal des Turmes nähern konnte.
Firey, die nicht erwartet hatte, dass die beiden sie daran hindern wollten, zu Green zu gelangen, sah nun verdutzt zu den beiden auf - und ihre entschuldigenden Worte blieben ihr sofort im Halse stecken, als sie die starren, goldenen Augen der beiden sah, die sie durchbohrten, als wäre sie ein angeklagter Schwerverbrecher.
"Eh... darf ich... darf ich vielleicht zu..." Wenn möglich verhärteten sich die Goldaugen der beiden Zwillinge nur noch. Was war nur mit ihnen los? Firey hatte ja von Green gehört, dass Itzumi sehr streng war, aber auch Ryôs Augen, die sonst so sanft waren, waren nun starr und hart - und was trugen sie für eigenartige Kleidung? Lange Gewänder, auf denen im Hüftbereich eine hübsch verzierte Sonne prangte, mit goldenen Armreifen und Ohrringen, die im Mondlicht leuchteten.
"Ich... also ich möchte wirklich gerne zu Green... wenn das möglich..." Firey wusste nicht warum, aber die beiden machten ihr Angst.
"Ah, Hii-sama! Was für ein Glück und herrlicher Zufall, dass ich Euch hier finde!" Überrascht drehte Firey sich zur Seite, wo sie einen fremden, blonden Wächter sah - ein fremder Wächter, der ihr auch noch den Arm um die Schulter legte, auf eine kameradschaftlich, freundschaftliche Art, obwohl Firey sich nicht daran erinnern konnte, diesen blonden Strubbelkopf jemals zuvor gesehen zu haben.
"Sie hat sich verirrt, das kann ja mal vorkommen, oder? Unsere Inseln sind ja groß genug, haha!" Ryô und Itzumi reagierten beide nicht. Sie starrten den Neuankömmling einfach nur an.
"Kommt, Hii-sama, kommt, ich zeige Euch den richtigen Weg!", meinte der fremde Wächter lachend und drehte die perplexe Firey herum, um sie mehr oder weniger den Weg zurückzuschieben.
"Euch noch einen schönen Abend, Itzumi..." Er sah über die Schulter zurück, ohne davon abzulassen, Firey die Treppenstufen hinunter zu bugsieren und seine Stimme wurde für einen kurzen Augenblick ernst:
"... Ryô." Die beiden Tempelwächter ließen sich nicht von ihrer Pflicht beirren; geräuschlos lockerten sie ihre Arme wieder, nachdem die beiden anderen Wächter in die Hauptzentrale Sanctu Ele’ saces zurückgekehrt waren, legten die Arme auf den Rücken und schlossen die Augen, als wären sie Statuen.
Laut atmete Fail auf, als sie wieder in den sicheren Gängen der Hauptzentrale angekommen waren.
"In Lights Namen, wenn Ihr Euch zu einem nächtlichen Spaziergang entscheidet, solltet Ihr das nächste Mal vielleicht eine andere Route einschlagen, Hii-sama!" Firey sah ihn einfach nur verdattert an ohne zu antworten, worauf Fail nicht achtete, da er genau wie die alles observierende Silence zum Turm der Reinheit sah:
"Ryô und Itzumi sind wirklich die Krönung des ganzen Theaters...Itzumi, okay, aber Ryô? Wenn das kleine Knuffelchen nach der Weihe nicht wieder normal wird, beschwer ich mich höchstpersönlich bei allen Elementgottheiten!" Auch wenn Firey dieser Aussage bedenkenlos zustimmen konnte, verstand sie immer noch nicht, wer die Person war, die vor ihr stand.
"Entschuldigung, aber... wer sind Sie?"
"Oh, ich bin der, der Euch im Prinzip rund um die Uhr beschattet, sofern es meine Pflichten als Tempelwächter eben so zulassen, weil Tsuchi-sama und ich so einen Handel haben, auf den ich lieber nicht genauer eingehen will. Und so nebenbei bin ich offensichtlich auch noch Euer Bodyguard." Das wäre die echte, ehrliche Antwort, die er ihr geben sollte, wenn Fail sich an die Regeln halten wollte. Und Fail hielt sich an die Regeln, oh ja, das tat er, aber für ihn als Tempelwächter war die Regel, dass er seinem Herren treu dienen sollte, nun einmal wichtiger als andere Regeln... aber warte, wenn man es genau nahm, war Azuma nicht sein Herr... egal. Dann tat es eben die halbe Wahrheit.
"Mein Name ist Fail, Hii-sama." Er achtete sehr auf die korrekte Wächteraussprache seines Namens, damit nicht noch einer neben Azuma auf den Gedanken kam, seinen Namen falsch auszusprechen.
"Ich bin ein Tempelwächter, wie Ihr sehen könnt." Er deutete auf seine Haare, als wären alle blonden Wächter automatisch Tempelwächter:
"Itzumi, Ryô und ich waren im gleichen Jahrgang, als wir zu Tempelwächtern ausgebildet worden sind. Ich habe mir ein wenig Sorgen um ihn gemacht und war deswegen hier - um Itzumi natürlich nicht, aber warum sollte man sich auch Sorgen um Itzumi machen, ich meine, die Frau ist so oder so furchteinflößend, haha!" Ein munteres Lachen entfloh Fail, welchem sich Firey nicht anschließen konnte. Sie warf einen unsicheren Blick zum Turm und sah dann wieder zu Fail - wobei ihr plötzlich etwas auffiel:
"Warum bist du eigentlich nicht auch so..." Firey fand kein passendes Wort für das Verhalten der anderen Wächter, weshalb sie froh war, dass Fail das für sie übernahm:
"Komisch? Das liegt daran, dass ich genau wie Ihr nichts von dem weißen Wasser getrunken habe." Er holte eine kleine Plastikflasche aus einer Seitentasche heraus:
"Ich habe heute Mineralwasser aus der Menschenwelt getru-" Firey riss ihm die Flasche aus der Hand und sofort wusste Fail, dass er etwas Dummes getan hatte:
"Das ist ja dänisches Mineralwasser!"
"A-Ach, wirklich? Das ist mir gar nicht aufgefallen..." Jetzt war seine Verbindung mit Azuma aufgeflogen, aber gut, das war ja genau betrachtet nicht sein Problem...
"Ich hätte nicht gedacht, dass ich einen Wächter treffe, der Dänemark kennt. Einer meiner Freunde stammt nämlich aus Dänemark; er trinkt genau dasselbe Wasser!" Fail konnte auf einmal verstehen, warum Azuma sich in Firey verliebt hatte. Sie war wirklich unglaublich niedlich. Was für eine ehrliche Seele! Da bekam er ja direkt schlechtes Gewissen, dass er sie beschattete... und Azuma sollte sich schämen, dass er so etwas in "Auftrag gegeben hatte".
"Aber was passiert mit den Wächtern, wenn sie dieses weiße Wasser trinken? Und was ist mit Green?", wechselte Firey nun das Thema, nachdem sie Fail die Flasche wieder zurückgegeben hatte.
"Was mit Hikari-sama ist kann ich nicht sagen, keine Ahnung. Sie ist im Turm und was da mit ihr passiert weiß ich nicht."
"Aber das weiße Wasser... das kommt doch aus dem Turm, oder?"
"Keine Ahnung, sieht so aus? Vielleicht sind es ja die sagenumwobenen Tränen der Hikari, haha!"
""Tränen der Hikari"?", wiederholte Firey ein wenig blass werdend bei diesen nicht sonderlich positiv klingenden Worten, weshalb sie auch nicht verstand, warum Fail lachte. Er wollte gerade anfangen zu erklären, als sein "Herr" sich einmischte:
"Ha! Ich wusste, dass du hier wärst, Firey!" Fail beeilte sich, sich herumzudrehen, ehe Firey es tat und bedeutete dem neu hinzugekommenen Azuma mit einem vielsagenden Blick und dem etwas zu auffälligen Hin- und Herbewegen seiner Hände, dass er sich ja nicht verplappern dürfte - aber Azuma wunderte sich einfach nur stirnrunzelnd über Fails Anwesenheit.
"Azuma! Was machst du denn hier?", rief Firey überrascht an Fail vorbei.
"Na, es war nicht so schwer zu erraten, wo du sein würdest - und selbst ich habe mitbekommen, dass unsere tolle Hikari in dem Turm da ist." Das erklärte dennoch nicht, warum er sie aufgesucht hatte; dies erklärte er erst, als er bei den beiden ankam:
"Mir ist nämlich noch etwas eingefallen: Ich denke es ist das Wasser, dass die Wächter..."
"Das wissen wir schon", sagten Fail und Firey gleichzeitig, was Azumas Stirnrunzeln verstärkte:
"Ihr versteht euch ja prima..." Fail grinste ein wenig über den Kommentar, aber Firey brachte es auf andere Gedanken:
"Oh, ich muss dir unbedingt Fail-san vorstellen..." Als sie das aber so sagte, fiel bei ihr doch der Groschen und die beiden Wächter warfen sich ertappte Blicke zu.
"Ihr beide... ihr kennt euch! Fail-san ist dein Bierlieferant!"
""Bierlieferant"?", wiederholte Fail, den Titel nun doch nicht so schmeichelhaft findend - aber besser als dass Firey herausfand, dass er auch anderen Tätigkeiten nachging. Auf diesen Gedanken kam sie augenscheinlich nicht, aber wie sollte man schon auf den Gedanken kommen, dass ein Teamkollege einen beschatten ließ? Besonders mit Fireys ehrlichem Herzen? Azuma sollte sich wirklich, wirklich schämen.
"Eigentlich ist er eher mein geheimer Teilzeit-Tempelwächter", korrigierte Azuma Firey grinsend:
"Aber ja, es stimmt, er besorgt mir auch mein Tuborg. Und wenn wir schon beim Thema sind..." Er wandte sich zu Fail:
"Was ist eigentlich mit der nächsten Lieferung?"
"Falls Ihr es nicht mitbekommen habt, mein geehrter Herr und Meister: Wir sind im Krieg."
"Ja und? Was hat das denn mit einem Speichellecker wie dir zu tun?"
"Also, Azuma!"
"Wieso, ist doch eine berechtigte Frage?"
"Ich war damit beschäftigt, Leichen zu säubern."
"Was, das machst du auch? Vielseitig begabt, hvad?"
"Nein, normal nicht, aber bei den Kollegen im Sanctuarian war Not am Mann bei 848 Leichen." Firey entschloss sich dazu, dass es ein anderes Thema gab, von welchem sie eindeutig lieber mehr hören würde, als davon, wie die Logistik beim Leichensäubern funktionierte:
"Was ist denn jetzt mit Green und dem Wasser?" Fail antwortete ihr nicht sofort. Er warf einen Blick an ihr vorbei aus dem Fenster, zum Turm, legte die Stirn in Falten und sagte dann:
"Lasst uns das woanders besprechen. Ich traue Itzumi und Ryô gerade alles zu, auch dass sie 200 Meter hören können. Jedenfalls fühle ich mich angestarrt..." Ohne auf eine Antwort oder die verwirrten Blicke der beiden Elementarwächter zu warten, drehte er sich herum.
"Kommt, hier in der Nähe ist ein Waschraum, da können wir reden."
Der besagte Waschraum verschlug den beiden Elementarwächtern erst einmal die Sprache; so viel Wäsche! So viele Waschmaschinen! So viele hochmoderne Waschmaschinen vor allen Dingen! Während Firey einfach nur über die wohl strukturierte Logistik staunte, war Azuma sofort zu einer laufenden Maschine gehechtet und bestaunte nun mit großen Augen das über der Maschine schwebende, blau leuchtende Panel, auf dem unter anderen genau angezeigt wurde, wie lange die Wäsche noch benötigte, Temperatur, Waschgang - und, wie Azuma erstaunt feststellte, tatsächlich auch wem die sich darin befindenden Uniformen gehörten.
"Lasst die Finger bitte davon - wir wollen doch nicht, dass die Uniformen der Offiziere in der Wäsche eingehen, oder, Tsuchi-sama?" Das diebische Grinsen auf dem Gesicht Azumas war Antwort genug, aber bevor er seine kindische Tat umsetzen konnte, packte Firey ihn am Arm und zog ihn von der Maschine fort. Fail hatte sich an einen der großen mit weißen Bettlaken gefüllten Wäschewagen gelehnt, was Azuma ihm gleichtat; Firey dagegen war zu aufgeregt für eine so entspannte Stellung.
"Also, was sind das für "Tränen der Hikari"?" Fail lachte und winkte Fireys Frage mit der Hand ab:
"Da gibt es nicht viel zu erzählen, Hii-sama! Kindermärchen, das ist alles. Es wundert mich, dass ihr noch nie etwas von ihnen gehört habt; sie kommen doch genauso oft in Märchen vor wie der zwielichtige Gensou oder der zu rettende Tempelwächter." Beide sahen ihn einfach nur fragend an, was Fail bedeutete, dass die beiden diese Märchen noch nie gehört hatten.
"Ach ja, ihr... seid ja Menschen." Azumas Augen verengten sich.
"Ne, sind wir nicht?" Firey sah ihn zweifelnd an - er konnte sich auch wirklich nicht entscheiden.
"Man sagt, die Tränen eines Hikari seien heilig, weil sie laut den Märchen aus meiner Kindheit mächtige, heilende und reinigende Fähigkeiten haben. In vielen Märchen sind die meistens der letzte Ausweg... manchmal sind sie aus Gold, manchmal sind sie aus Kristall. Wenn das gesamte Wächtertum verunreinig ist, ist eine einzelne Träne eines Hikari mit einem reinen Herzen ausreichend, um das gesamte Reich zu heilen. " Azumas hochgezogene Augenbrauen brachten Fail ins Stocken:
"Das sind Märchen, Tsuchi-sama."
"Mir sind Meerjungfrauen, die zu Schaum werden, lieber."
"Oh Gott, Azuma, Die kleine Meerjungfrau ist doch so traurig..."
"Oho, du kennst das Original, Fireyskat? Noch ein Grund mehr, dich..." Fails Räuspern brachte Azuma davon ab, mit Firey zu flirten, die dafür sehr dankbar war und Fail liebend gerne weiter zuhörte.
"Aber das sind natürlich nur Märchen. Die Hikari weinen natürlich Wasser wie wir alle. Wenn sie denn weinen..."
"Und was soll das jetzt mit dem Wasser zu tun haben?" Azuma stemmte seine Hände in die Hüfte und fuhr fort:
"Salzig schmeckt das Wasser auf jeden Fall nicht."
"Ich habe doch schon gesagt, dass ich einfach daran denken... warte." Fail und Firey sahen Azuma verblüfft an:
"Ihr habt es bereits getrunken?!" Der Angesprochene schien die Aufregung nicht zu verstehen:
"Klar, ich trinke immer Wasser zum Frühstück. Es hat ziemlich komisch geschmeckt, aber das war alles. Ich habe nichts gespürt und ich spüre auch keine Veränderung im Gegensatz zu den anderen Wächtern."
"Stimmt", antwortete Firey:
"Du wirkst genau wie immer..."
"Warum klingt das gerade negativ, Fireyskat?" Fail unterbrach die beiden in einem ernsten Tonfall:
"Es gibt ja nicht viel Konkretes über die Weihe, daher ist das von mir auch nur eine Vermutung... aber ich glaube, dass das Wasser diejenigen reinigt, die es trinken, so dass sie eine direkte Verbindung mit ihrem Element aufbauen können. Ich glaube, sie... werden empfänglicher für die Stimme des Elementes." Fail konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, genauso wenig wie einen spitzen Kommentar:
"Und vielleicht ist bei Euch jeder Wunsch nach Reinheit vergebens, Tsuchi-sama... Womöglich wollen die Götter der Erde ja nicht mit Euch sprechen!"
"Haha."
"Aber das ist doch an sich nichts Schlechtes?", fragte Firey sofort, denn für sie klang das tatsächlich nicht nach etwas Schlimmem: Es war so angenehm und schön gewesen, mit ihren Elementvorfahren sprechen zu können... ohne sie hätte Firey wahrscheinlich nicht den Mut gefunden, Karou anzugreifen und wäre ohne sie wohl nicht lebend in den Tempel zurückgekehrt. Sie hatte deren Stimmen seitdem zwar nicht mehr vernommen, aber das Wissen, dass sie da waren, war sehr beruhigend.
"Ich habe auch nie behauptet, dass es etwas Schlechtes sei..." Azuma unterbrach Fail:
"Also ich weiß nicht, ich finde schon, dass die anderen Wächter ziemlich komisch drauf sind. Ihr hättet sie mal auf dem Schlachtfeld sehen sollen!"
"Sie sind nun einmal im Einklang mit ihrem Element..." Azuma unterbrach ihn ein weiteres Mal:
"Das bin ich auch ohne Wasser. Die Connection zwischen mir und meinem Element funktioniert offensichtlich bestens, denn meine Attacken machen immer Boom, ganz egal welches Wasser ich trinke. Aaaauuuußerdem muss es ja auch einen Grund geben, weshalb du es nicht getrunken hast, nicht wahr, Fail?" Es war offensichtlich, dass Fail die Wendung des Gespräches nicht mochte; sofort weigerte er sich Auskunft zu geben und schien es plötzlich auch eilig zu haben, das Gespräch zu beenden. Firey hatte dafür natürlich Respekt; Azuma weniger.
"Was, du verweigerst die Aussage, obwohl zwei Elementarwächter danach verlangen?"
"Also für mich ist das vollkommen in Ordnung..." Azuma überhörte Fireys Einwurf gekonnt:
"Nein, nein, er ist doch ein Tempelwächter und dient uns und ich bin jetzt neugierig! Also raus mit der Sprache, Fail! Warum trinkst du das Wasser nicht?" Fail, der sich bereits zur Tür gedreht hatte, um den beiden zu entfliehen, schluckte nun und wandte sich erst langsam zu den beiden herum.
"Das hat überhaupt nichts mit dem Thema zu tun...", begann er, doch Azuma ließ sich nicht beirren:
"Ich will’ s trotzdem wissen!" Auch wenn Firey Azumas Vorgehensweise nicht guthieß, so musste sie sich doch eingestehen, dass sie neugierig war, weshalb sie ihn nur mit einigen vorwurfsvollen Blicken tadelte, aber nichts tat, um ihn gänzlich zu stoppen. Doch so einfach machte Fail es ihm nicht. Mit zusammengekniffenen Lippen erwiderte er Azumas Blick unerschrocken.
"Es ist ein Befeeeehl", bohrte Azuma nach, genauso stur wie Fail.
"Ein Befehl von einem Elementarwächter - zwei sogar, nicht wahr, Fireyskat?"
"Also ich werde es ihm definitiv nicht befehlen, Azuma!"
"Aber ich", bohrte Azuma noch einmal nach, der sich weder von Fireys Moralempfinden erweichen ließ noch von ihrem tadelnden Blick.
"Ich tue es und ich lass dich sowieso nicht damit in Ruhe, also kannst du es uns auch gleich sagen." Das sah Fail wohl auch ein, weshalb er sich mit einem Seufzen ergab - dachte Azuma jedenfalls, aber so einfach machte der Tempelwächter es ihnen nicht.
"Schwört Ihr beide..." Fail sah von Azuma zu Firey:
"... dass diese Worte niemals diesen Raum verlassen werden?"
"Aber klar!" Azuma schlug sich mit der Faust auf die Brust:
"Auf meine Ehre als Elementarwächter!" Firey entging nicht, dass Fail leicht die Augenbraue hob: darauf gab er wohl nicht sonderlich viel.
"Ihr müsst es auf Euer Element schwören." Dem Erdwächter verging das Lächeln.
"Ein Schwur mag in der Welt, in der Ihr geboren seid, ein dahingeworfenes Wort sein, ein hohles Versprechen, aber das ist es hier nicht. Euer Element wird Euch strafen, wenn Ihr es jemandem erzählt und damit Euren Schwur brecht." Firey war plötzlich nicht mehr ganz so erpicht darauf, Fails Erklärung zu hören; nicht, weil sie es jemandem erzählen wollte, sondern weil das Ganze für ihn offensichtlich überaus ernst war. Doch Azuma blieb unbeeindruckt. Er fand wieder zu seinem Grinsen zurück, als er sich abermals auf seine Brust schlug:
"Gut, dann eben auf mein Element. Ich schwöre, dass ich dichthalten werde - und ich halte keine Finger über Kreuz!" Unsicher runzelte Fail die Stirn. Das war nun eine Redewendung, die er nicht kannte.
"Ich schwöre ebenfalls, dass ich es niemandem sagen werde. Auf mein Element." Kaum, dass sie die Worte ausgesprochen hatte, spürte sie schon dasselbe, weshalb Azuma gerade aussah, als wäre ihm schlecht geworden - ein Gefühl, das ihr die Kehle zuschnürte. Es waren in der Tat mehr als Worte und das wusste Fail.
"Euch hätte ich auch ohne Schwur vertraut, Hii-sama." Diese lieben, ehrlichen Worte ließen Firey erröten und sie senkte mit roten Wangen den Kopf, ohne auf Azumas Blick zu achten, der Fail einen warnenden Blick zuwarf, den er auch ohne Worte verstand - aber er ließ sich nicht davon beeindrucken.
Nun war es allerdings an der Zeit, sich zu ergeben:
"Meine Mutter war eine Wächterin, mein Vater Tempelwächter. Ich habe daher, wie Ihr, ein Element in mir. Es war natürlich eine verbotene Beziehung. Tempelwächter dürfen nur mit Tempelwächtern und Menschen Kinder zeugen, aber nicht jeder hält sich immer an die heiligen Regeln." Gänzlich schockiert klappte Azuma der Mund auf und das obwohl Fail noch gar nicht fertig war:
"Deswegen habe ich nichts von dem Wasser getrunken; nicht, dass man noch irgendwie bemerkt, dass ich kein ganzer Tempelwächter bin."
"Was hast du denn für ein Element?", fragte Firey ebenfalls erstaunt, da Azuma immer noch zu schockiert war über diese Auskunft.
"Tut mir leid, Hii-sama, aber das würde ich selbst Hikari-sama nicht erzählen." Endlich fand Azuma seine Stimme wieder:
"Aber wenn du die Möglichkeit hast, nicht länger ein Speichellecker zu sein, warum nutzt du die Chance dann nicht?!"
"Oh, das ist ganz einfach", beantwortete Fail Azumas aufgeregt gestellte Frage:
"Ich säubere lieber Leichen, als dass ich eine bin."
Die Nachrichten, die Rui Silver brachte, erfreuten ihn tatsächlich. Genau wie von ihm aufgetragen, hatte Rui Sho in Tokio aufgesucht, um die Adresse Fireys zu erfahren und hatte Sho auch nach der Schule treffen können - allerdings hatte Sho sich geweigert, Fireys Adresse Rui zu überreichen; mit "Siberu" würde sie aber vielleicht reden.
Als Rui Silver dies erzählte, lachte er gut gelaunt - genau wie von ihr erhofft.
"Sie ist so ein Fuchs! Haha, wie nicht anders zu erwarten von unserer Reporterin! Dann wird es wohl mal wieder Zeit, Tokio einen Besuch abzustatten." Eigentlich hatte Rui keinen Grund darüber erfreut zu sein, wenn ihr Meister sich nach Tokio begab, um alte Bekannte zu besuchen, aber sobald sie sein ausgelassenes Grinsen sah, musste sie unweigerlich auch lächeln.
"Schon zwei Jahre ist es her, dass ich das letzte Mal in Tokio war - was ziehe ich denn da an? Ich kann doch nicht in meiner Uniform..." Ein wenig ratlos sah Silver sich in seinem Zimmer um, als würde plötzlich etwas Passendes aus dem heiteren Himmel heraus vor ihm auftauchen.
"Ich habe ja überhaupt nichts mehr, was ich in der Menschenwelt anziehen könnte..."
"Ich kann Euch doch etwas besorgen, Silver-sama!", quietschte Rui voller Freude darüber, Silver endlich wieder mit ein wenig Farbe im Gesicht zu sehen.
"Danke, Rui, aber..." Silver hatte gerade eine Ausrede finden wollen, als es plötzlich an der Tür klopfte und ohne darauf zu warten, dass Silver dem Besucher Eintritt gewährte, öffnete Darius mit einem entschlossenen Ruck die Tür. Seine roten Augen fixierten Silver finster, ein wenig wütend, wie es ihm schien, obwohl er sich nicht ausmalen konnte, was Silver jetzt schon wieder getan hatte - hatte er beim Training irgendwelche Fehler gemacht?
"Der Meister verlangt nach dir. Jetzt!" Die Frage, ob Darius Ri-Ils neuer Dienstbote war, unterdrückte der Rotschopf lieber. Stattdessen schlüpfte er geübt aus Ruis Umklammerung und machte sich schon auf den Weg, ohne dabei sonderlich auf Ruis besorgten Blick zu achten. Hatte Ri-Il etwa so schnell schon etwas von ihrem Vorhaben erfahren...?
Silver machte sich darüber keine sonderlichen Gedanken, sondern beeilte sich einfach zu Ri-Il zu kommen, damit er danach zu Sho kommen könnte - er freute sich richtig darauf, sie zu sehen. Es war so lange her und mit Sho hatte er sich immer gut verstanden - ob sie sich verändert hatte?
Bei Ri-Il angekommen wurde Silver allerdings schnell bewusst, dass seine Reise nach Tokio sich wohl verzögern würde.
"Silver-kun! Ich gratuliere dir - nach langen Überlegungen sind Darius-kun und ich zum Schluss gekommen, dass wir dich befördern." Darius, der Silver gefolgt war, sah nicht danach aus, als würde er den Rotschopf irgendwie beglückwünschen wollen. Aber auch Silver konnte nicht gerade sagen, dass er sich freute: Er sah einfach nur verwirrt aus.
"Be-befördern?", wiederholte Silver verdattert mit einem schiefen Grinsen.
"Aber ja, aber ja. Für den Außendienst bist du völlig überqualifiziert." Silver wurde rot bei diesem Kompliment; Darius unterdrückte ein Fluchen - offensichtlich war er anderer Meinung.
"Deswegen, Silver-kun, habe ich mich dazu entschlossen, dass du ab heute der Assistent von Darius-kun wirst. Ich gratuliere dir!"
Es waren viele Geräusche, die sich auf einem Schlag aufdrängten. Entferntes Vogelgezwitscher mischte sich mit dem Klang vieler Stimmen. Da war Lachen, da war Geschrei, da war ein Tosen und Greens Sinne waren gänzlich überfordert. Diese Welt fühlte sich realer und zugleich unechter an, als jede andere Zeit- oder Erinnerungsreise, die sie bis jetzt gemacht hatte und sie hatte Probleme - große Probleme - damit, ihr Bewusstsein beisammenzuhalten; nicht zu vergessen, in welche Zeit sie selbst gehörte und wer sie selbst war.
"Alles gut." Green hatte keinen eigenen Körper mehr; sie sah ihn jedenfalls nicht mehr und doch hatte sie das Gefühl, als würde jemand ihre Hand nehmen, während die tausend Stimmen um sie herum langsam verständlicher wurden und sie begann Worte zu verstehen.
"Es ist Vergangenes. Es ist alles bereits geschehen. Halte mich und ich werde dich führen, solange es dein Wunsch ist." Sie hatte das Bedürfnis zuzugeben, dass es jetzt schon nicht mehr ihr Wunsch war... ihr Blickfeld wurde unscharf, die Worte entglitten ihr wieder und das Sonnenlicht wärmte nicht mehr... aber Silence... sie musste an Silence denken. Das hier musste sie wissen: Sie musste es erfahren, irgendwie. Green musste durchhalten.
"Sehr gut... du machst das sehr gut." Und plötzlich war alles scharf und sie erkannte, wo sie sich befanden - in einem Rundbau aus steinernen Tribünen... einem Kolosseum - dort, wo die Turniere stattfanden. Ein Gewinner eines Zweikampfes wurde gerade verkündet, die Menge überschlug sich vor Beifall; vorallem die Dämonen, die wieder einmal ein Turnier gewonnen hatten. Wieder einmal? Aber woher wusste sie das...? Ah, sie wusste es, weil Light es wusste. Er hatte schon so viele Kämpfe mit angesehen, obwohl er es nicht sehen mochte. Er hatte andere Interessen, aber er konnte sich seinen Pflichten nicht entziehen und begleitete stets seine Mutter und seine Schwester, die beide links von ihm saßen. Zuerst Hikari, dann Hikaru. Die eine applaudierte höflich, die andere saß steif da und verzog das Gesicht nicht. Light applaudierte ebenfalls: er mochte das Kämpfen nicht sehen, aber er mochte es, wenn die Gewinner guten Kampfgeist bewiesen, so wie jetzt, und den Verlierern auf die Beine halfen.
Hikaru schnaubte verächtlich.
"Was für ein erbärmlicher Kampf."
"Ich denke, es war ein gutes Duell. Sie haben beide ihre jeweiligen Stärken sehr gut zum Ausdruck gebracht."
"Ja", pflichtete Hikari ihrem Sohn in Gedanken bei, da sie nur so mit Hikaru kommunizieren konnten:
"Keiner der Kontrahenten wurde verletzt. Das war doch... ein guter Kampf." Hikaru antwortete ihnen nicht. Im Gegensatz zu ihren beiden Elementverbündeten mochte sie es nicht, mit ihnen per Gedankenübertragung zu reden - das wusste Light heutzutage.
Damals, als Hikarus Einstellung und ihr Rassismus für Light und Hikari nur eine Meinungsverschiedenheit war, mochten sie diese Art miteinander reden zu können sehr. Sie mochten es, weil es sie miteinander verband, weil sie so eine Familie waren. Hikaru mochte es nicht. Hikaru verabscheute ihre Unfähigkeit sprechen zu können und betrachtete die Gedankenkommunikation als eine Beleidigung; als ein Zeugnis ihrer eigenen Unkomplettheit. Sie konnte das Positive daran nicht erkennen - und bald würden auch Hikari und Light erfahren, dass das Band, das sie so wertschätzten, eine sehr negative Kehrseite besaß.
Doch in Zeiten des Friedens waren sowohl Hikari als auch Light dazu gewillt, jeden Schatten zu übersehen. Aeterniem hatte immer mit kleinen Problemen zu kämpfen gehabt, die sie aber immer gemeinsam gelöst hatten - dass das größte Problem neben ihnen saß, das ahnten sie nicht.
Mittlerweile musste Light sich eingestehen, dass sie viel zu lange die Augen davor verschlossen gehalten hatten. Sie wollten es nicht sehen. Sie wollten es nicht wahrhaben.
Dieser Tag würde ihnen noch nicht die Augen öffnen.
Aber dieser Tag war der Anfang. An diesem Tag begann es.
Der Verfall.
Hikaru sah wie immer, wenn sie schlecht gelaunt war, in die Sonne, die Hände im Schoß gefaltet und die Siegerrede für die gewinnende Dämonin komplett ignorierend, die von ihrem stolzen Vater über allen Maßen gelobt wurde. Während Light das Herz aufging, senkte Hikaru unbemerkt wieder die Augen, als eine Wolke sich vor die Sonne schob und streifte den Blick des anderen Mitspielers in diesem gefährlichen Spiel um Aeterniems Zukunft.
Sie offensichtlich triezen wollend hob er spielend die Hand zum Gruß, doch Hikaru reagierte nicht. Sie sah ihn nur ausdruckslos an.
"Eure kindische Art wird noch ein Unheil heraufbeschwören." Als diese nüchterne Stimme hinter ihm ertönte, gab es für den Dämonenherrscher sofort Wichtigeres als Hikaru zu ärgern. Sein Gesicht hellte auf und sein Kinn rutschte beinahe von seiner Hand, aber anstatt sich herumzudrehen und zu zeigen, dass er sich über die plötzliche Anwesenheit seines Beraters freute, spielte er den Beleidigten:
"Wo warst du, Luzifer? Ich habe mich gelangweilt!" Eigentlich wollte der Dämonenherrscher Luzifer noch länger damit strafen, ihn nicht anzusehen, aber er konnte gar nicht anders - er drehte sich herum und sah das Wesen an, welches seiner Meinung nach das schönste Wesen war, welches er geschaffen hatte - und jeder, der eine andere Meinung hatte, hatte keine Augen! Schönste, weichste Locken, in dem hübschesten Lavendel und wenn die Sonne sein Haar berührte, schimmerte es golden wie hellstes Laub im Herbst; für einen solchen Anblick konnte man die Sonne beinahe lieben, die auch seinen dunklen, nach oben geschwungenen Hörnern einen goldenen Glanz verlieh. Sein Gesicht war ebenmäßig und schön, ohne die kleinste Unebenheit und den kleinsten Kratzer, mit einer leicht nach oben geschwungenen Nase, die ihm ein recht strenges Profil gab und er konnte auch streng sein, oh ja, das konnte er... aber sein Gesicht verblieb stets sanft und leider... lag stets eine leichte Melancholie in seinen goldenen Augen, die umrahmt waren von langen, dichten Wimpern.
"Weshalb, Gebieter?" Als wäre er ein Diener blieb er hinter seinem Herrscher stehen mit den Armen auf dem Rücken, mit leiser, melodischer Stimme sprechend, ohne die Lippen zu sehr zu bewegen, als wollte er die absolut nicht spannende Rede nicht stören, der er allerdings auch kaum Beachtung schenkte.
"Man hat mir berichtet, dass das Gefecht spannend gewesen sein soll."
"Es gibt in dieser Welt keine Spannung." Missvergnügt beobachtete er die kleinen Ringe auf der Oberfläche seines Traubensaftes, während er das Glas mit dem verzierten Rand leicht nach vorne kippte, ohne jedoch die Flüssigkeit zu verschütten.
"Das Ende eines jeden Kampfes ist so... vorhersehbar, wenn wir stets gewinnen." Er wog das Glas in seiner Hand ein wenig hin und her, um mehr Ringe zu erzeugen und hüllte sich in Schweigen, was Luzifer beunruhigte, weshalb er sich kurzerhand auf den leeren Platz neben ihn setzte.
"Ist ein Sieg nicht stets positiv?" Luzifer sah nach unten ins Stadion, wo der Vater seine Tochter freudig an seine Brust drückte.
"Nalafiel scheint sich jedenfalls sehr zu freuen." Es wunderte den namenlosen Dämonenherrscher, der immer noch Luzifer ansah, gar nicht, dass er seinen Namen kannte - während er das nicht tat.
"Hmhm..."
"Ihr hört mir nicht zu."
"Das stimmt nur so halb. Es interessiert mich nicht, wer sich über welchen Sieg freut, aber ich höre dich gerne reden." Luzifer sandte ihm seinen so geliebten, strengen Blick, der den namenlosen Dämonenherrscher allerdings nicht einschüchterte - er entlockte ihm nur ein weiteres Lächeln, welches auch bestehen blieb, während er das Thema wechselte:
"Du erwähntest ein Unheil. Erzähl mir doch lieber davon - das könnte mich interessieren." Es lag eine deutlich tadelnde Aussage in den goldenen Augen seines Teufels, aber sie waren nicht alleine, also blieb der Tadel in dem Gold seiner Augen verborgen.
"Ich spreche von Hikaru", flüsterte Luzifer genau in dem Moment, als die Menge noch einmal einen deutlichen Applaus spendete.
"Böses geht von ihrer Aura aus."
Einer musste es ja spüren.
Nur schenkte ihm niemand Gehör.
"Hikaru? Das einzig Böse, was von ihr ausgeht, mein Morgenstern, ist ihre stets schlechte Laune, die sogar die Sonne in die Knie zwingt", erwiderte der Dämonenherrscher enttäuscht klingend. Auch er unterschätzte Hikaru, wie alle anderen es ebenfalls taten. Doch Luzifer tat es nicht und auch jetzt beobachtete er sie unauffällig aus den Augenwinkeln heraus, als er versuchte, seinen Herrscher mit einem anderen Gesprächsthema von seiner Langeweile abzulenken. Luzifer liebte es, über die florierende Arbeit in deren Werkstätten zu sprechen und obwohl er immer wieder ein wachsames Auge auf Hikaru warf, sprach er sich schnell warm - der namenlose Dämonenherrscher hätte lieber über andere Dinge gesprochen, aber er liebte es, Luzifer beim Sprechen zuzuhören; vollkommen egal, welches Thema es war. Er besaß so eine angenehme Stimme und wenn er begeistert war von dem, was er erzählte, tauchte manches Mal ein Lächeln auf seinem sonst so ernsten Gesicht auf. Der Dämonenherrscher unterbrach Luzifer nicht; er betrachtete ihn, nickte und bejahte einige Dinge und zählte die Male, in denen Luzifers Lippen sich zu einem Lächeln formten.
"Du bist so schön, wenn du lächelst, Luzifer. Acht Mal habe ich gezählt." Luzifer, der gerade über eine neue Beleuchtungsart gesprochen hatte, die für die Straßen Lerenien-Seis gebraucht werden könnte, errötete ein wenig, obwohl er solcherlei Unterbrechungen gewohnt war.
"Ich hoffe, Ihr habt auch gehört, was ich gesagt habe."
"Oh doch, ja. Ich hing an deinen Lippen. Bei jedem einzelnen Wort." Luzifer ignorierte die offensichtlichen Schmeichelleien seines Herrschers gekonnt und kehrte wieder zum eigentlichen Thema zurück, von welchem er erst abkam, als sie das Stadium in der untergehenden Abendsonne verließen, wie es auch die drei Lichtgötter taten.
Luzifer, Peinlichkeiten vorausahnend, wollte seinen Herrscher eigentlich in eine andere Richtung führen, aber dieser achtete gar nicht auf die vergeblichen Versuche seiner rechten Hand.
"Guten Abend, den kleinen Lichtleinen!" Die drei Lichtgötter blieben auf dem abwärtsführenden Kieselweg stehen.
"Guten Abend", grüßte Light mit einem freundlichen Lächeln, aber genau wie Luzifer ein wenig angespannt wirkend.
"G-Guten Abend..." Hikari sah auf ihre Füße, in der Hoffnung ihren roten Kopf damit verbergen zu können; am liebsten hätte sie sich wohl hinter ihrem Sohn versteckt, aber sie hielt diesem Drang stand.
"Guten Abend, Light-san, Hikari-san..." Luzifer pausierte seinen Gruß kurz und nickte dann höflich in die Richtung von Hikaru:
"Hikaru-san." Hikaru erwiderte seine grüßenden Worte nur mit einem kurzen Blickkontakt - dann sah sie weg, allerdings nicht aus Scham, wie ihre Mutter, sondern aus gänzlich anderen, unschmeichelhafteren Gründen.
"Entschuldigt bitte, Hikaru ist ein wenig schlecht gelaunt", versuchte Light das Benehmen Hikarus zu entschuldigen, womit er sich allerdings einen so eiskalten Blick einhandelte, dass es allen kalt den Rücken herablief. Allen außer dem Dämonenherrscher, der dem Ganzen noch eins draufsetzen musste:
"Haha, verständlich, verständlich! Wenn man schon 33 Mal in Folge verloren hat, dann wäre ich auch schlecht gelaunt, haha!" Und ohne auf den warnenden Blick Luzifers zu achten, legte der Dämonenherrscher seine Hand auf Hikarus weißen Kopf und wuschelte ihre weißen Haare, so wie man es auch bei einem jüngeren Familienmitglied tun würde.
"Aber du musst nicht traurig sein, kleines Püppchen! Irgendwann gewinnt ihr garantiert auch mal." Entschlossen und scheinbar auch sehr hart, denn dem Dämonenherrscher entfloh ein "Autsch", schlug Hikaru seine Hand beiseite und ging dann, ohne noch mit irgendjemanden einen Blick ausgetauscht zu haben, davon. Sofort hörte Hikari auf, mit einem roten Kopf auf ihre Füße zu starren und machte sich aufgescheucht und erschreckt daran, Hikaru hinterherzueilen; jedoch nicht, ohne sich von den beiden Dämonen zu verabschieden.
"Hikaru, so warte doch!" Und schon war sie in der Menge verloren gegangen, gefolgt von dem ziemlich selbstzufriedenen Blick des Dämonenherrschers, der, trotz schmerzender Hand, auch noch grinste, als er den tadelnden Blick Luzifers sah.
Light seufzte:
"Ich denke, ich werde mich dann auch verabschieden..."
"Tu das, Light-kun, tu das, kümmere dich um den heiligen Hausfrieden!" Light und Luzifer himmelten beide gleichzeitig genervt mit den Augen, ehe Light seinen beiden Familienmitgliedern hinterhereilte.
"Haha, Light-kun ist einfach zu niedlich." Dann bemerkte der Dämonenherrscher Luzifers finsteren Blick, der ihn noch mehr erheiterte.
"Eifersüchtig, mein Morgenstern?", fragte er mit breitem, heiteren Grinsen, das Luzifer allerdings nicht erweichen konnte und da sie nun alleine auf dem Steg waren, zögerte er auch nicht seine Kritik auszusprechen:
"Nein. Besorgt. Nicht Hikaru ist das größte Unheil unserer Welt, sondern du!"
"Du machst dir zu viele Gedanken, Luzifer", erwiderte sein Herrscher, immer noch sichtlich amüsiert.
"Tu mir einfach den Gefallen und hör auf, die drei zu provozieren. Ganz besonders Hikaru und Hikari."
"Huh, warum denn Hikari?"
"Tu nicht so unschuldig - glaubst du, ich merke nicht, dass du sie mit ihrer Verliebtheit ärgerst?"
"Ach, das ist doch nur eine dumme, kleine Mädchenverliebtheit - warum machst du dir darüber solche Sorgen? Ist doch süß, wie sie immer rot wird, wenn ich in der Nähe bin, haha! Sie hat so ein unschuldiges Wesen, wie könnte ich da der Versuchung widerstehen?"
"Hör einfach auf, mit ihren Gefühlen zu spielen. Bei der nächsten Gelegenheit solltest du dich bei ihr entschuldigen und sie darüber aufklären, dass du ihre Gefühle nicht erwiderst, damit sie sich keine unnötigen Hoffnungen macht. Verliebtheit kann ein Gefahrenfaktor werden." Der namenlose Dämonenherrscher sah Luzifer nachdenklich an. Die letzten Strahlen der Sonne waren verschwunden und die Fackeln wurden um sie herum an den Häusern entfacht: man hörte viele Stimmen und hier und dort Gesang. Es wurde getanzt und gespielt - Brocken-Nell war eine stets muntere Stadt, die besonders aufblühte, wenn die Fackeln zu brennen begannen.
"Möchtest du das gerne, Luzifer?"
"Ja, das wäre mir in der Tat ein dringendes Bedürfnis."
"Gut", begann der Dämonenherrscher sich von Luzifer lösend und die Richtung einschlagend, die die drei Lichtgottheiten genommen hatten:
"Dann werde ich sie mal aufsuchen und ihr sagen, dass sie aufhören muss, mich so verliebt anzugucken, weil du ansonsten eifersüchtig wirst!"
"So hatte ich das nicht gemeint und das weißt du genau..." Aber dann war der Dämonenherrscher in der Menge verschwunden und die Hand, die Luzifer noch nach ihm ausgestreckt hatte, fiel herunter.
In seinem Blick spiegelte sich das Gefühl seines Herzens wider, welches sich zusammenzog im Schatten einer dunklen Vorahnung...
Da Silence sich dem Turm, in dem Green ruhte, nicht nähern konnte, war sie aus Langeweile Firey gefolgt, die ihr Zimmer aufgeregt und mit ungekämmtem Haar verlassen hatte und durch den Tempel gehastet war. Natürlich konnte Silence keinen Kontakt mit ihr aufnehmen oder wie bei Green in sie hineinsehen oder direkt in sie hineindringen, aber es war deutlich, dass die kleine Feuerwächterin unruhig und nervös war wegen dem weißen Wasser. Fast schon alarmiert, als würde in dem Wasser etwas Gefährliches lauern. Silence wusste, dass das so nicht ganz wahr war, aber dennoch konnte sie Fireys Bedenken gut nachvollziehen - was sie allerdings nicht verstand war, weshalb Firey ihre Kehle mit ihrer rechten Hand bedeckte. Ob das eine Angewohnheit von ihr war? Das war Silence bis jetzt nicht aufgefallen, aber sie hatte Firey auch nie sonderlich viel Beachtung geschenkt. Sie war durchschnittlich, nett und freundlich und alles in allem langweilig.
Sie war einfach Greens Menschenfreundin. Punkt.
Aber jetzt folgte Silence ihr. Sie folgte ihr durch den Tempel, zum Teleportationspunkt und dann direkt nach Sanctu Ele’ Saces. Aha, sie wollte zum Turm. Zum Turm der Reinheit. Dem Turm der Tränen - er hatte so viele Namen über die Jahrhunderte erhalten. Verstand sie, dass das Wasser sich wegen Green weiß gefärbt hatte? Oder wurde sie von einem unguten Gefühl getrieben, zu Green geführt? Aber was wollte sie dort? Hatte sie etwa das Gefühl, dass ihre Freundin irgendwie in Gefahr war? War Fireys ungutes Gefühl berechtigt, konnte sie es als einzige Wächterin spüren, weil sie ein offenes, an sich selbst zweifelndes Wesen besaß, empfänglich für Störungen, für Gefahr? War es ihr menschliches Herz, das als einzige die Gefahr vernehmen konnte, die sich hinter den Traditionen rund um die Weihe verbarg?
Aber nur, weil sie es spüren konnte, bedeutete das nicht, dass sie etwas ändern konnte. Silence konnte sich dem Turm nicht nähern; seine unsichtbare, von Tag zu Tag stärker werdende Aura war zu stark, weshalb sie sich auf eine Fensterbank im Hauptgebäude von Sanctu Ele'Saces schmiss und von Weitem beobachtete, wie Firey den schmalen Kieselweg entlang hechtete, den die Hikari am gestrigen Tag gegangen waren und der sich hinauf schlängelte zum Turm.
Genau wie von Silence erwartet, kam Firey nicht weit. Mit einem beschleunigten Atem rannte sie die weißen Treppen zum Turm empor, achtete nur beim Vorbeirennen auf das weiß leuchtende Wasser der kleinen Kanäle und wollte gerade an Ryô und Itzumi vorbeirennen, um zum Turm zu gelangen, da versperrten ihr die beiden Tempelwächter den Weg. Beide hatten sie schlicht ihre Arme seitlich ausgestreckt, womit ihre Arme sich kreuzten und so verhinderten, dass Firey sich dem Portal des Turmes nähern konnte.
Firey, die nicht erwartet hatte, dass die beiden sie daran hindern wollten, zu Green zu gelangen, sah nun verdutzt zu den beiden auf - und ihre entschuldigenden Worte blieben ihr sofort im Halse stecken, als sie die starren, goldenen Augen der beiden sah, die sie durchbohrten, als wäre sie ein angeklagter Schwerverbrecher.
"Eh... darf ich... darf ich vielleicht zu..." Wenn möglich verhärteten sich die Goldaugen der beiden Zwillinge nur noch. Was war nur mit ihnen los? Firey hatte ja von Green gehört, dass Itzumi sehr streng war, aber auch Ryôs Augen, die sonst so sanft waren, waren nun starr und hart - und was trugen sie für eigenartige Kleidung? Lange Gewänder, auf denen im Hüftbereich eine hübsch verzierte Sonne prangte, mit goldenen Armreifen und Ohrringen, die im Mondlicht leuchteten.
"Ich... also ich möchte wirklich gerne zu Green... wenn das möglich..." Firey wusste nicht warum, aber die beiden machten ihr Angst.
"Ah, Hii-sama! Was für ein Glück und herrlicher Zufall, dass ich Euch hier finde!" Überrascht drehte Firey sich zur Seite, wo sie einen fremden, blonden Wächter sah - ein fremder Wächter, der ihr auch noch den Arm um die Schulter legte, auf eine kameradschaftlich, freundschaftliche Art, obwohl Firey sich nicht daran erinnern konnte, diesen blonden Strubbelkopf jemals zuvor gesehen zu haben.
"Sie hat sich verirrt, das kann ja mal vorkommen, oder? Unsere Inseln sind ja groß genug, haha!" Ryô und Itzumi reagierten beide nicht. Sie starrten den Neuankömmling einfach nur an.
"Kommt, Hii-sama, kommt, ich zeige Euch den richtigen Weg!", meinte der fremde Wächter lachend und drehte die perplexe Firey herum, um sie mehr oder weniger den Weg zurückzuschieben.
"Euch noch einen schönen Abend, Itzumi..." Er sah über die Schulter zurück, ohne davon abzulassen, Firey die Treppenstufen hinunter zu bugsieren und seine Stimme wurde für einen kurzen Augenblick ernst:
"... Ryô." Die beiden Tempelwächter ließen sich nicht von ihrer Pflicht beirren; geräuschlos lockerten sie ihre Arme wieder, nachdem die beiden anderen Wächter in die Hauptzentrale Sanctu Ele’ saces zurückgekehrt waren, legten die Arme auf den Rücken und schlossen die Augen, als wären sie Statuen.
Laut atmete Fail auf, als sie wieder in den sicheren Gängen der Hauptzentrale angekommen waren.
"In Lights Namen, wenn Ihr Euch zu einem nächtlichen Spaziergang entscheidet, solltet Ihr das nächste Mal vielleicht eine andere Route einschlagen, Hii-sama!" Firey sah ihn einfach nur verdattert an ohne zu antworten, worauf Fail nicht achtete, da er genau wie die alles observierende Silence zum Turm der Reinheit sah:
"Ryô und Itzumi sind wirklich die Krönung des ganzen Theaters...Itzumi, okay, aber Ryô? Wenn das kleine Knuffelchen nach der Weihe nicht wieder normal wird, beschwer ich mich höchstpersönlich bei allen Elementgottheiten!" Auch wenn Firey dieser Aussage bedenkenlos zustimmen konnte, verstand sie immer noch nicht, wer die Person war, die vor ihr stand.
"Entschuldigung, aber... wer sind Sie?"
"Oh, ich bin der, der Euch im Prinzip rund um die Uhr beschattet, sofern es meine Pflichten als Tempelwächter eben so zulassen, weil Tsuchi-sama und ich so einen Handel haben, auf den ich lieber nicht genauer eingehen will. Und so nebenbei bin ich offensichtlich auch noch Euer Bodyguard." Das wäre die echte, ehrliche Antwort, die er ihr geben sollte, wenn Fail sich an die Regeln halten wollte. Und Fail hielt sich an die Regeln, oh ja, das tat er, aber für ihn als Tempelwächter war die Regel, dass er seinem Herren treu dienen sollte, nun einmal wichtiger als andere Regeln... aber warte, wenn man es genau nahm, war Azuma nicht sein Herr... egal. Dann tat es eben die halbe Wahrheit.
"Mein Name ist Fail, Hii-sama." Er achtete sehr auf die korrekte Wächteraussprache seines Namens, damit nicht noch einer neben Azuma auf den Gedanken kam, seinen Namen falsch auszusprechen.
"Ich bin ein Tempelwächter, wie Ihr sehen könnt." Er deutete auf seine Haare, als wären alle blonden Wächter automatisch Tempelwächter:
"Itzumi, Ryô und ich waren im gleichen Jahrgang, als wir zu Tempelwächtern ausgebildet worden sind. Ich habe mir ein wenig Sorgen um ihn gemacht und war deswegen hier - um Itzumi natürlich nicht, aber warum sollte man sich auch Sorgen um Itzumi machen, ich meine, die Frau ist so oder so furchteinflößend, haha!" Ein munteres Lachen entfloh Fail, welchem sich Firey nicht anschließen konnte. Sie warf einen unsicheren Blick zum Turm und sah dann wieder zu Fail - wobei ihr plötzlich etwas auffiel:
"Warum bist du eigentlich nicht auch so..." Firey fand kein passendes Wort für das Verhalten der anderen Wächter, weshalb sie froh war, dass Fail das für sie übernahm:
"Komisch? Das liegt daran, dass ich genau wie Ihr nichts von dem weißen Wasser getrunken habe." Er holte eine kleine Plastikflasche aus einer Seitentasche heraus:
"Ich habe heute Mineralwasser aus der Menschenwelt getru-" Firey riss ihm die Flasche aus der Hand und sofort wusste Fail, dass er etwas Dummes getan hatte:
"Das ist ja dänisches Mineralwasser!"
"A-Ach, wirklich? Das ist mir gar nicht aufgefallen..." Jetzt war seine Verbindung mit Azuma aufgeflogen, aber gut, das war ja genau betrachtet nicht sein Problem...
"Ich hätte nicht gedacht, dass ich einen Wächter treffe, der Dänemark kennt. Einer meiner Freunde stammt nämlich aus Dänemark; er trinkt genau dasselbe Wasser!" Fail konnte auf einmal verstehen, warum Azuma sich in Firey verliebt hatte. Sie war wirklich unglaublich niedlich. Was für eine ehrliche Seele! Da bekam er ja direkt schlechtes Gewissen, dass er sie beschattete... und Azuma sollte sich schämen, dass er so etwas in "Auftrag gegeben hatte".
"Aber was passiert mit den Wächtern, wenn sie dieses weiße Wasser trinken? Und was ist mit Green?", wechselte Firey nun das Thema, nachdem sie Fail die Flasche wieder zurückgegeben hatte.
"Was mit Hikari-sama ist kann ich nicht sagen, keine Ahnung. Sie ist im Turm und was da mit ihr passiert weiß ich nicht."
"Aber das weiße Wasser... das kommt doch aus dem Turm, oder?"
"Keine Ahnung, sieht so aus? Vielleicht sind es ja die sagenumwobenen Tränen der Hikari, haha!"
""Tränen der Hikari"?", wiederholte Firey ein wenig blass werdend bei diesen nicht sonderlich positiv klingenden Worten, weshalb sie auch nicht verstand, warum Fail lachte. Er wollte gerade anfangen zu erklären, als sein "Herr" sich einmischte:
"Ha! Ich wusste, dass du hier wärst, Firey!" Fail beeilte sich, sich herumzudrehen, ehe Firey es tat und bedeutete dem neu hinzugekommenen Azuma mit einem vielsagenden Blick und dem etwas zu auffälligen Hin- und Herbewegen seiner Hände, dass er sich ja nicht verplappern dürfte - aber Azuma wunderte sich einfach nur stirnrunzelnd über Fails Anwesenheit.
"Azuma! Was machst du denn hier?", rief Firey überrascht an Fail vorbei.
"Na, es war nicht so schwer zu erraten, wo du sein würdest - und selbst ich habe mitbekommen, dass unsere tolle Hikari in dem Turm da ist." Das erklärte dennoch nicht, warum er sie aufgesucht hatte; dies erklärte er erst, als er bei den beiden ankam:
"Mir ist nämlich noch etwas eingefallen: Ich denke es ist das Wasser, dass die Wächter..."
"Das wissen wir schon", sagten Fail und Firey gleichzeitig, was Azumas Stirnrunzeln verstärkte:
"Ihr versteht euch ja prima..." Fail grinste ein wenig über den Kommentar, aber Firey brachte es auf andere Gedanken:
"Oh, ich muss dir unbedingt Fail-san vorstellen..." Als sie das aber so sagte, fiel bei ihr doch der Groschen und die beiden Wächter warfen sich ertappte Blicke zu.
"Ihr beide... ihr kennt euch! Fail-san ist dein Bierlieferant!"
""Bierlieferant"?", wiederholte Fail, den Titel nun doch nicht so schmeichelhaft findend - aber besser als dass Firey herausfand, dass er auch anderen Tätigkeiten nachging. Auf diesen Gedanken kam sie augenscheinlich nicht, aber wie sollte man schon auf den Gedanken kommen, dass ein Teamkollege einen beschatten ließ? Besonders mit Fireys ehrlichem Herzen? Azuma sollte sich wirklich, wirklich schämen.
"Eigentlich ist er eher mein geheimer Teilzeit-Tempelwächter", korrigierte Azuma Firey grinsend:
"Aber ja, es stimmt, er besorgt mir auch mein Tuborg. Und wenn wir schon beim Thema sind..." Er wandte sich zu Fail:
"Was ist eigentlich mit der nächsten Lieferung?"
"Falls Ihr es nicht mitbekommen habt, mein geehrter Herr und Meister: Wir sind im Krieg."
"Ja und? Was hat das denn mit einem Speichellecker wie dir zu tun?"
"Also, Azuma!"
"Wieso, ist doch eine berechtigte Frage?"
"Ich war damit beschäftigt, Leichen zu säubern."
"Was, das machst du auch? Vielseitig begabt, hvad?"
"Nein, normal nicht, aber bei den Kollegen im Sanctuarian war Not am Mann bei 848 Leichen." Firey entschloss sich dazu, dass es ein anderes Thema gab, von welchem sie eindeutig lieber mehr hören würde, als davon, wie die Logistik beim Leichensäubern funktionierte:
"Was ist denn jetzt mit Green und dem Wasser?" Fail antwortete ihr nicht sofort. Er warf einen Blick an ihr vorbei aus dem Fenster, zum Turm, legte die Stirn in Falten und sagte dann:
"Lasst uns das woanders besprechen. Ich traue Itzumi und Ryô gerade alles zu, auch dass sie 200 Meter hören können. Jedenfalls fühle ich mich angestarrt..." Ohne auf eine Antwort oder die verwirrten Blicke der beiden Elementarwächter zu warten, drehte er sich herum.
"Kommt, hier in der Nähe ist ein Waschraum, da können wir reden."
Der besagte Waschraum verschlug den beiden Elementarwächtern erst einmal die Sprache; so viel Wäsche! So viele Waschmaschinen! So viele hochmoderne Waschmaschinen vor allen Dingen! Während Firey einfach nur über die wohl strukturierte Logistik staunte, war Azuma sofort zu einer laufenden Maschine gehechtet und bestaunte nun mit großen Augen das über der Maschine schwebende, blau leuchtende Panel, auf dem unter anderen genau angezeigt wurde, wie lange die Wäsche noch benötigte, Temperatur, Waschgang - und, wie Azuma erstaunt feststellte, tatsächlich auch wem die sich darin befindenden Uniformen gehörten.
"Lasst die Finger bitte davon - wir wollen doch nicht, dass die Uniformen der Offiziere in der Wäsche eingehen, oder, Tsuchi-sama?" Das diebische Grinsen auf dem Gesicht Azumas war Antwort genug, aber bevor er seine kindische Tat umsetzen konnte, packte Firey ihn am Arm und zog ihn von der Maschine fort. Fail hatte sich an einen der großen mit weißen Bettlaken gefüllten Wäschewagen gelehnt, was Azuma ihm gleichtat; Firey dagegen war zu aufgeregt für eine so entspannte Stellung.
"Also, was sind das für "Tränen der Hikari"?" Fail lachte und winkte Fireys Frage mit der Hand ab:
"Da gibt es nicht viel zu erzählen, Hii-sama! Kindermärchen, das ist alles. Es wundert mich, dass ihr noch nie etwas von ihnen gehört habt; sie kommen doch genauso oft in Märchen vor wie der zwielichtige Gensou oder der zu rettende Tempelwächter." Beide sahen ihn einfach nur fragend an, was Fail bedeutete, dass die beiden diese Märchen noch nie gehört hatten.
"Ach ja, ihr... seid ja Menschen." Azumas Augen verengten sich.
"Ne, sind wir nicht?" Firey sah ihn zweifelnd an - er konnte sich auch wirklich nicht entscheiden.
"Man sagt, die Tränen eines Hikari seien heilig, weil sie laut den Märchen aus meiner Kindheit mächtige, heilende und reinigende Fähigkeiten haben. In vielen Märchen sind die meistens der letzte Ausweg... manchmal sind sie aus Gold, manchmal sind sie aus Kristall. Wenn das gesamte Wächtertum verunreinig ist, ist eine einzelne Träne eines Hikari mit einem reinen Herzen ausreichend, um das gesamte Reich zu heilen. " Azumas hochgezogene Augenbrauen brachten Fail ins Stocken:
"Das sind Märchen, Tsuchi-sama."
"Mir sind Meerjungfrauen, die zu Schaum werden, lieber."
"Oh Gott, Azuma, Die kleine Meerjungfrau ist doch so traurig..."
"Oho, du kennst das Original, Fireyskat? Noch ein Grund mehr, dich..." Fails Räuspern brachte Azuma davon ab, mit Firey zu flirten, die dafür sehr dankbar war und Fail liebend gerne weiter zuhörte.
"Aber das sind natürlich nur Märchen. Die Hikari weinen natürlich Wasser wie wir alle. Wenn sie denn weinen..."
"Und was soll das jetzt mit dem Wasser zu tun haben?" Azuma stemmte seine Hände in die Hüfte und fuhr fort:
"Salzig schmeckt das Wasser auf jeden Fall nicht."
"Ich habe doch schon gesagt, dass ich einfach daran denken... warte." Fail und Firey sahen Azuma verblüfft an:
"Ihr habt es bereits getrunken?!" Der Angesprochene schien die Aufregung nicht zu verstehen:
"Klar, ich trinke immer Wasser zum Frühstück. Es hat ziemlich komisch geschmeckt, aber das war alles. Ich habe nichts gespürt und ich spüre auch keine Veränderung im Gegensatz zu den anderen Wächtern."
"Stimmt", antwortete Firey:
"Du wirkst genau wie immer..."
"Warum klingt das gerade negativ, Fireyskat?" Fail unterbrach die beiden in einem ernsten Tonfall:
"Es gibt ja nicht viel Konkretes über die Weihe, daher ist das von mir auch nur eine Vermutung... aber ich glaube, dass das Wasser diejenigen reinigt, die es trinken, so dass sie eine direkte Verbindung mit ihrem Element aufbauen können. Ich glaube, sie... werden empfänglicher für die Stimme des Elementes." Fail konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, genauso wenig wie einen spitzen Kommentar:
"Und vielleicht ist bei Euch jeder Wunsch nach Reinheit vergebens, Tsuchi-sama... Womöglich wollen die Götter der Erde ja nicht mit Euch sprechen!"
"Haha."
"Aber das ist doch an sich nichts Schlechtes?", fragte Firey sofort, denn für sie klang das tatsächlich nicht nach etwas Schlimmem: Es war so angenehm und schön gewesen, mit ihren Elementvorfahren sprechen zu können... ohne sie hätte Firey wahrscheinlich nicht den Mut gefunden, Karou anzugreifen und wäre ohne sie wohl nicht lebend in den Tempel zurückgekehrt. Sie hatte deren Stimmen seitdem zwar nicht mehr vernommen, aber das Wissen, dass sie da waren, war sehr beruhigend.
"Ich habe auch nie behauptet, dass es etwas Schlechtes sei..." Azuma unterbrach Fail:
"Also ich weiß nicht, ich finde schon, dass die anderen Wächter ziemlich komisch drauf sind. Ihr hättet sie mal auf dem Schlachtfeld sehen sollen!"
"Sie sind nun einmal im Einklang mit ihrem Element..." Azuma unterbrach ihn ein weiteres Mal:
"Das bin ich auch ohne Wasser. Die Connection zwischen mir und meinem Element funktioniert offensichtlich bestens, denn meine Attacken machen immer Boom, ganz egal welches Wasser ich trinke. Aaaauuuußerdem muss es ja auch einen Grund geben, weshalb du es nicht getrunken hast, nicht wahr, Fail?" Es war offensichtlich, dass Fail die Wendung des Gespräches nicht mochte; sofort weigerte er sich Auskunft zu geben und schien es plötzlich auch eilig zu haben, das Gespräch zu beenden. Firey hatte dafür natürlich Respekt; Azuma weniger.
"Was, du verweigerst die Aussage, obwohl zwei Elementarwächter danach verlangen?"
"Also für mich ist das vollkommen in Ordnung..." Azuma überhörte Fireys Einwurf gekonnt:
"Nein, nein, er ist doch ein Tempelwächter und dient uns und ich bin jetzt neugierig! Also raus mit der Sprache, Fail! Warum trinkst du das Wasser nicht?" Fail, der sich bereits zur Tür gedreht hatte, um den beiden zu entfliehen, schluckte nun und wandte sich erst langsam zu den beiden herum.
"Das hat überhaupt nichts mit dem Thema zu tun...", begann er, doch Azuma ließ sich nicht beirren:
"Ich will’ s trotzdem wissen!" Auch wenn Firey Azumas Vorgehensweise nicht guthieß, so musste sie sich doch eingestehen, dass sie neugierig war, weshalb sie ihn nur mit einigen vorwurfsvollen Blicken tadelte, aber nichts tat, um ihn gänzlich zu stoppen. Doch so einfach machte Fail es ihm nicht. Mit zusammengekniffenen Lippen erwiderte er Azumas Blick unerschrocken.
"Es ist ein Befeeeehl", bohrte Azuma nach, genauso stur wie Fail.
"Ein Befehl von einem Elementarwächter - zwei sogar, nicht wahr, Fireyskat?"
"Also ich werde es ihm definitiv nicht befehlen, Azuma!"
"Aber ich", bohrte Azuma noch einmal nach, der sich weder von Fireys Moralempfinden erweichen ließ noch von ihrem tadelnden Blick.
"Ich tue es und ich lass dich sowieso nicht damit in Ruhe, also kannst du es uns auch gleich sagen." Das sah Fail wohl auch ein, weshalb er sich mit einem Seufzen ergab - dachte Azuma jedenfalls, aber so einfach machte der Tempelwächter es ihnen nicht.
"Schwört Ihr beide..." Fail sah von Azuma zu Firey:
"... dass diese Worte niemals diesen Raum verlassen werden?"
"Aber klar!" Azuma schlug sich mit der Faust auf die Brust:
"Auf meine Ehre als Elementarwächter!" Firey entging nicht, dass Fail leicht die Augenbraue hob: darauf gab er wohl nicht sonderlich viel.
"Ihr müsst es auf Euer Element schwören." Dem Erdwächter verging das Lächeln.
"Ein Schwur mag in der Welt, in der Ihr geboren seid, ein dahingeworfenes Wort sein, ein hohles Versprechen, aber das ist es hier nicht. Euer Element wird Euch strafen, wenn Ihr es jemandem erzählt und damit Euren Schwur brecht." Firey war plötzlich nicht mehr ganz so erpicht darauf, Fails Erklärung zu hören; nicht, weil sie es jemandem erzählen wollte, sondern weil das Ganze für ihn offensichtlich überaus ernst war. Doch Azuma blieb unbeeindruckt. Er fand wieder zu seinem Grinsen zurück, als er sich abermals auf seine Brust schlug:
"Gut, dann eben auf mein Element. Ich schwöre, dass ich dichthalten werde - und ich halte keine Finger über Kreuz!" Unsicher runzelte Fail die Stirn. Das war nun eine Redewendung, die er nicht kannte.
"Ich schwöre ebenfalls, dass ich es niemandem sagen werde. Auf mein Element." Kaum, dass sie die Worte ausgesprochen hatte, spürte sie schon dasselbe, weshalb Azuma gerade aussah, als wäre ihm schlecht geworden - ein Gefühl, das ihr die Kehle zuschnürte. Es waren in der Tat mehr als Worte und das wusste Fail.
"Euch hätte ich auch ohne Schwur vertraut, Hii-sama." Diese lieben, ehrlichen Worte ließen Firey erröten und sie senkte mit roten Wangen den Kopf, ohne auf Azumas Blick zu achten, der Fail einen warnenden Blick zuwarf, den er auch ohne Worte verstand - aber er ließ sich nicht davon beeindrucken.
Nun war es allerdings an der Zeit, sich zu ergeben:
"Meine Mutter war eine Wächterin, mein Vater Tempelwächter. Ich habe daher, wie Ihr, ein Element in mir. Es war natürlich eine verbotene Beziehung. Tempelwächter dürfen nur mit Tempelwächtern und Menschen Kinder zeugen, aber nicht jeder hält sich immer an die heiligen Regeln." Gänzlich schockiert klappte Azuma der Mund auf und das obwohl Fail noch gar nicht fertig war:
"Deswegen habe ich nichts von dem Wasser getrunken; nicht, dass man noch irgendwie bemerkt, dass ich kein ganzer Tempelwächter bin."
"Was hast du denn für ein Element?", fragte Firey ebenfalls erstaunt, da Azuma immer noch zu schockiert war über diese Auskunft.
"Tut mir leid, Hii-sama, aber das würde ich selbst Hikari-sama nicht erzählen." Endlich fand Azuma seine Stimme wieder:
"Aber wenn du die Möglichkeit hast, nicht länger ein Speichellecker zu sein, warum nutzt du die Chance dann nicht?!"
"Oh, das ist ganz einfach", beantwortete Fail Azumas aufgeregt gestellte Frage:
"Ich säubere lieber Leichen, als dass ich eine bin."
Die Nachrichten, die Rui Silver brachte, erfreuten ihn tatsächlich. Genau wie von ihm aufgetragen, hatte Rui Sho in Tokio aufgesucht, um die Adresse Fireys zu erfahren und hatte Sho auch nach der Schule treffen können - allerdings hatte Sho sich geweigert, Fireys Adresse Rui zu überreichen; mit "Siberu" würde sie aber vielleicht reden.
Als Rui Silver dies erzählte, lachte er gut gelaunt - genau wie von ihr erhofft.
"Sie ist so ein Fuchs! Haha, wie nicht anders zu erwarten von unserer Reporterin! Dann wird es wohl mal wieder Zeit, Tokio einen Besuch abzustatten." Eigentlich hatte Rui keinen Grund darüber erfreut zu sein, wenn ihr Meister sich nach Tokio begab, um alte Bekannte zu besuchen, aber sobald sie sein ausgelassenes Grinsen sah, musste sie unweigerlich auch lächeln.
"Schon zwei Jahre ist es her, dass ich das letzte Mal in Tokio war - was ziehe ich denn da an? Ich kann doch nicht in meiner Uniform..." Ein wenig ratlos sah Silver sich in seinem Zimmer um, als würde plötzlich etwas Passendes aus dem heiteren Himmel heraus vor ihm auftauchen.
"Ich habe ja überhaupt nichts mehr, was ich in der Menschenwelt anziehen könnte..."
"Ich kann Euch doch etwas besorgen, Silver-sama!", quietschte Rui voller Freude darüber, Silver endlich wieder mit ein wenig Farbe im Gesicht zu sehen.
"Danke, Rui, aber..." Silver hatte gerade eine Ausrede finden wollen, als es plötzlich an der Tür klopfte und ohne darauf zu warten, dass Silver dem Besucher Eintritt gewährte, öffnete Darius mit einem entschlossenen Ruck die Tür. Seine roten Augen fixierten Silver finster, ein wenig wütend, wie es ihm schien, obwohl er sich nicht ausmalen konnte, was Silver jetzt schon wieder getan hatte - hatte er beim Training irgendwelche Fehler gemacht?
"Der Meister verlangt nach dir. Jetzt!" Die Frage, ob Darius Ri-Ils neuer Dienstbote war, unterdrückte der Rotschopf lieber. Stattdessen schlüpfte er geübt aus Ruis Umklammerung und machte sich schon auf den Weg, ohne dabei sonderlich auf Ruis besorgten Blick zu achten. Hatte Ri-Il etwa so schnell schon etwas von ihrem Vorhaben erfahren...?
Silver machte sich darüber keine sonderlichen Gedanken, sondern beeilte sich einfach zu Ri-Il zu kommen, damit er danach zu Sho kommen könnte - er freute sich richtig darauf, sie zu sehen. Es war so lange her und mit Sho hatte er sich immer gut verstanden - ob sie sich verändert hatte?
Bei Ri-Il angekommen wurde Silver allerdings schnell bewusst, dass seine Reise nach Tokio sich wohl verzögern würde.
"Silver-kun! Ich gratuliere dir - nach langen Überlegungen sind Darius-kun und ich zum Schluss gekommen, dass wir dich befördern." Darius, der Silver gefolgt war, sah nicht danach aus, als würde er den Rotschopf irgendwie beglückwünschen wollen. Aber auch Silver konnte nicht gerade sagen, dass er sich freute: Er sah einfach nur verwirrt aus.
"Be-befördern?", wiederholte Silver verdattert mit einem schiefen Grinsen.
"Aber ja, aber ja. Für den Außendienst bist du völlig überqualifiziert." Silver wurde rot bei diesem Kompliment; Darius unterdrückte ein Fluchen - offensichtlich war er anderer Meinung.
"Deswegen, Silver-kun, habe ich mich dazu entschlossen, dass du ab heute der Assistent von Darius-kun wirst. Ich gratuliere dir!"